4.3.1 Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 15

Die Vorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG sieht eine Steuerbefreiung für Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen i. S. d. jeweils geltenden Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vor.

Sinn und Zweck des § 3 Nr. 2 GrEStG ist es, die Besteuerung eines Vorgangs sowohl nach dem Erbschaftsteuergesetz als auch nach dem Grunderwerbsteuergesetz bzw. den gleichzeitigen Anfall von Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Allerdings greift die Befreiung von der Grunderwerbsteuer auch dann ein, wenn ein Erwerbsvorgang von der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer befreit ist.

Dies gilt insbesondere auch für die Fälle der Anwachsung. Erwirbt der Gesellschafter einer Personengesellschaft deren Gesamthandsvermögen durch Schenkung der Anteile der anderen Gesellschafter zu Alleineigentum, ist ein hierbei erfolgender Grundstücksübergang aus dem Gesellschaftsvermögen in Alleineigentum des Gesellschafters nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 und § 6 Abs. 2 GrEStG befreit. Der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 2 GrEStG steht es insoweit nicht entgegen, dass der schenkungsteuerliche Anknüpfungspunkt "freigebige Zuwendung des Gesellschaftsanteils" und der grunderwerbsteuerliche Anknüpfungspunkt "Übergang des Grundstücks" nicht identisch sind. Hat der Erwerber im Rahmen einer gemischten Schenkung eine Gegenleistung zu erbringen, ist § 3 Nr. 2 GrEStG nur auf den unentgeltlichen Teil des Erwerbs anwendbar (vgl. BFH v. 13.9.2006, II R 37/05, BStBl II 2007, 59). Zur Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG und § 1 Abs. 3 GrEStG sowie bei Anteilsminderungen i. S. v. § 5 Abs. 3 GrEStG siehe die nachfolgenden Ausführungen in Abschn. 4.3.2.

Die Übertragung eines Grundstücks vom Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auf die Gesellschaft kann nicht als freigebige Zuwendung angesehen und nach § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei gestellt werden. Nach Auffassung des BFH handelt es sich in Fällen, in denen ein Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses ein Grundstück auf eine Kapitalgesellschaft überträgt, um einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang und nicht um eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die zur Grunderwerbsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 GrEStG führt (vgl. BFH v. 17.10.2007, II R 63/05, BStBl II 2008, 381). Dieser Rechtsauffassung steht § 7 Abs. 8 ErbStG entgegen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind freigebig auch Zuwendungen zwischen Kapitalgesellschaften, soweit sie in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern und soweit an diesen Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind. Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) eingeführt und damit nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

4.3.2 Anwendung der Vorschrift auf Tatbestände des § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG sowie bei Anteilsminderungen i. S. v. § 5 Abs. 3 GrEStG

 

Rz. 16

Bezüglich der Änderung im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft mit Grundbesitz i. S. v. § 1 Abs. 2a GrEStG ist zunächst zu berücksichtigen, dass § 1 Abs. 2a S. 2 GrEStG die Übertragung solcher Anteile von Todes wegen ausdrücklich von der Besteuerung nach dieser Vorschrift ausnimmt. Auf die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG bräuchte daher in solchen Fällen nicht zurückgegriffen zu werden. Etwas anderes gilt jedoch für Änderungen des Gesellschafterbestands, die im Wege der Schenkung erfolgen. Insoweit stellt sich die (vom BFH bejahte) Frage, ob § 3 Nr. 2 GrEStG anwendbar ist. Diese Frage wurde von der Finanzverwaltung zunächst verneint und dies damit begründet, dass bei der Grunderwerbsteuer ein durch § 1 Abs. 2a GrEStG fingierter Grundstückserwerb besteuert wird, während die Schenkungsteuer an den Anteilsübergang anknüpfe. Damit seien zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge gegeben, sodass auch keine Doppelbesteuerung desselben Vorgangs eintrete.

Der BFH hat sich dieser Rechtsauffassung jedoch nicht angeschlossen und mit Urteil v. 12.10.2006, II R 79/05, BStBl II 2007, 409, entschieden, dass steuerbare Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft i. S. v. § 1 Abs. 2a GrEStG insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei sind, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs kommt den unterschiedlichen rechtstechnischen Anknüpfungspunkten im ErbStG einerseits und in § 1 Abs. 2a GrEStG andererseits keine entscheidende Bedeutung zu. Eine solche Handhabung widerspreche dem Sinn und Zweck der Regelung des § 3 Nr. 2 GrEStG, die doppelte Belastung ein und desselben Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu vermeiden. Der in § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG verwendete Begriff "Grundstücksschenkungen unter Lebenden" erfasse nicht nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken, sondern schließe auch die Fälle mit ein, in denen Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer Personengesellschaft mit Grundbesitz ist. Die Finanzverwaltung hat sich dieser rechtlichen Beurteilung schließlich angeschlossen und Tz. 10 der gleichlautend...

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