OFD Frankfurt, 8.11.2018, S 7100 a A - 004 - St 110

 

1. Begriff

Ein Konsignationslager ist ein Warenlager, das ein Unternehmer bei einem Abnehmer unterhält und aus dem der Abnehmer bei Bedarf Waren entnehmen kann.

Ein „call-off-stock„ stellt ebenfalls eine Form des Konsignationslagers dar. Von einem Konsignationslager unterscheidet es sich nach allgemeinem Verständnis dadurch, dass beim call-off-stock nur ein Kunde oder Abnehmer auf das Lager zugreifen darf, wohingegen beim Konsignationslager durchaus auch mehrere Abnehmer Zugriff auf die Waren haben können.

 

2. Grundsatz

Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über.

Hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung ist darauf abzustellen, wann die Lieferung ausgeführt wurde. Hierfür ist maßgeblich, ob der Abnehmer bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich feststand, denn eine Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG setzt die Beförderung oder Versendung an einen Abnehmer voraus (vgl. BFH-Urteile vom 20.10.2016, V R 31/15, BStBl 2017 II S. 1076 und vom 16.11.2016, V R 1/16, BStBl 2017 II S. 1079).

Von einem feststehenden Abnehmer ist auszugehen, wenn der Leistungsempfänger die Ware bei Beginn der Beförderung oder Versendung bereits verbindlich bestellt oder bezahlt hat. Unschädlich ist, wenn die Ware zunächst in ein inländisches Lager des Lieferanten gebracht und erst nach Zahlung durch eine Freigabeerklärung an den Abnehmer herausgegeben wird. Gleiches gilt für die kurzzeitige Zwischenlagerung in einem Auslieferungs- oder Konsignationslager, wenn der Abnehmer vertraglich ein uneingeschränktes Zugriffsrecht auf die Ware hat. Ein nur wahrscheinlicher Abnehmer ohne tatsächliche Abnahmeverpflichtung ist einem feststehenden Abnehmer nicht gleichzustellen (vgl. Abschn. 1a.2 Abs. 6 UStAE).

Liefert ein Unternehmer Waren aus dem Drittland oder dem Gemeinschaftsgebiet in ein von ihm in Deutschland unterhaltenes Konsignationslager und steht der Abnehmer bei Beginn der Warenbewegung verbindlich fest, liegt eine Beförderungs- bzw. Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG vor. Ort und Zeitpunkt der Lieferung werden auf den Beginn der Beförderung oder Versendung und somit in das Drittland oder übrige Gemeinschaftsgebiet verlagert.

Steht hingegen bei Beginn der Beförderung oder Versendung noch nicht verbindlich fest, an wen die Ware geliefert wird, greift § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG nicht. Die Lieferung erfolgt dann erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager und ist nach § 3 Abs. 6 UStG am Ort des Konsignationslagers steuerbar und steuerpflichtig.

 

3. Konsignationslager mit Drittlandsware

Fertigt der Abnehmer der Konsignationslagerware diese zum zollrechtlich freien Verkehr ab, so wird er Schuldner der EUSt. Ob er befugt ist, die EUSt als Vorsteuer geltend zu machen, hängt davon ab, ob er im Zeitpunkt der Abfertigung die Verfügungsmacht an der Drittlandsware hatte. Ist die Verfügungsmacht bereits bei Beginn der Beförderung oder Versendung auf den Abnehmer übergegangen, kann der Abnehmer die EUSt (unter den weiteren Tatbestandsmerkmalen des § 15 UStG) als Vorsteuer abziehen. Andernfalls kann der leistende Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG die vom Abnehmer entrichtete EUSt als Vorsteuer geltend machen, sofern er im Besitz eines entsprechenden zollamtlichen Belegs (Einfuhrabgabenbescheid) oder eines zollamtlich bescheinigten Ersatzbelegs ist.

Steht der Abnehmer bei Beginn der Warenbewegung noch nicht fest, bewirkt der leistende Unternehmer mit Entnahme der Ware aus dem Konsignationslager eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung. Liegt das Konsignationslager in einem Zolllager, greift die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 4b UStG für die Lieferung des leistenden Unternehmers nur, wenn die Einfuhr der Entnahme aus dem (im Zolllager belegenen) Konsignationslager nachfolgt. Die Ware muss in diesen Fällen aus dem Konsignationslager in das „normale” Zolllager entnommen werden, bevor sie in den freien Verkehr überführt wird. Falls diese – nach den gesetzlichen Vorgaben zwingend erforderliche – Reihenfolge nicht eingehalten wird, muss sich der Lieferant mangels Anwendbarkeit des § 4 Nr. 4b UStG für Umsatzsteuerzwecke in Deutschland registrieren lassen.

Sofern der Abnehmer durch eine verbindliche Bestellung bereits feststeht, jedoch der leistende Unternehmer die Konsignationslagerware zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigt, ist für dessen Lieferung die Ortsverlagerung in das Inland zu beachten (§ 3 Abs. 8 UStG), was ebenfalls eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung zur Folge hat.

 

4. Konsignationslager mit Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet

Sofern der Abnehmer noch nicht feststeht, verwirklicht der liefernde Unternehmer mit dem Verbringen der Ware im Inland einen i...

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