Leitsatz
Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG für vor dem 01.01.2005 ausgeführte Umsätze, die zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern führen, setzt voraus, dass diese nicht nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden. Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung als Umlaufvermögen oder Anlagevermögen ist umsatzsteuerrechtlich nicht entscheidend.
Normenkette
Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL, § 15a, § 27 Abs. 8 UStG 1999
Sachverhalt
Die Klägerin hatte ein Grundstück 1999 und 2000 bebaut mit dem Ziel, es als vermietetes Objekt steuerpflichtig zu verkaufen. Nach Fertigstellung (Ende 2000) wurde das Gebäude teils steuerpflichtig, teils steuerfrei vermietet und Ende 2001 veräußert. Die Klägerin meinte, es handle sich um Umlaufvermögen und eine Vorsteuerberichtigung sei – weil § 15a UStG n.F. nicht rückwirkend angewendet werden dürfe – unzulässig.
FA und FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.11.2007, 16 K 550/05, Haufe-Index 1971489, EFG 2008, 812) und der BFH teilten diese Ansichten nicht.
Entscheidung
Die Revision führte zur Zurückverweisung, weil Feststellungen dazu fehlten, ob die Veräußerung des Grundstücks steuerfrei oder steuerpflichtig war und ob ggf. eine die Vorsteuerkorrektur ausschließende Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorlag. An einer Geschäftsveräußerung würde es fehlen, wenn lediglich der Mieter eines Grundstücks das gemietete Objekt zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken erwirbt, ohne das Vermietungsunternehmen fortzuführen.
Hinweis
1. Die Rückwirkung eines Gesetzes durch Eingriff in bereits abgewickelte Tatbestände – wie hier des § 15a UStG durch § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 – ist dann zulässig, wenn die bestehende Rechtslage keine ausreichende Vertrauensgrundlage darstellt und das Vertrauen des Steuerbürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts nicht schutzwürdig ist. Nach der früheren Rechtslage wurde der Vorsteuerabzug nach den Verhältnissen der erstmaligen Verwendung gewährt oder versagt; ein Korrekturbedarf konnte nur dann bestehen, wenn sich nach der erstmaligen Verwendung eine abweichende, den Vorsteuerabzug ausschließende Verwendung ergab. Die Rechtsprechung des EuGH zum Sofortabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs bei beabsichtigter steuerpflichtiger Verwendung riss eine Lücke auf, die der Gesetzgeber zu Recht systemkonform – rückwirkend – geschlossen hat. Für Vertrauensschutz bestand daher kein Anlass.
2. Für vor dem 01.01.2005 ausgeführte Umsätze besteht aber keine Möglichkeit der Vorsteuerberichtigung, wenn diese zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern führen, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden und bei denen es sich "regelmäßig um Gegenstände des Umlaufvermögens" handelt, da auch Art. 20 der 6. EG-RL keine Möglichkeit der Vorsteuerberichtigung vorsieht. § 15a Abs. 4 UStG 2005, wonach eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch bei einem Wirtschaftsgut vorzunehmen ist, das nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, ist erst für Umsätze ab dem 31.12.2004 anwendbar (§ 27 Abs. 11 UStG). Lediglich als Arbeitstitel für solche Wirtschaftsgüter hat sich im USt-Recht der Begriff "Umlaufvermögen" eingebürgert. Indes kommt es für die Frage, ob ein längerfristig nutzbares "Wirtschaftsgut" i.S.d. § 15a UStG vorliegt, nicht entscheidend auf die – anderen Regeln und Zwecken folgende (§ 247 ff. HGB: Aktivierungsverbot, Abschreibungsregeln, Niederstwertprinzip) – ertragsteuerrechtliche Qualifikation als Anlage- oder Umlaufvermögen an.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.09.2009 – V R 6/08