Kommentar

Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 5.12.1996, C-85/95 (John Reisdorf)

Im Vorlageverfahren war streitig, ob das Recht auf Vorsteuerabzug daran geknüpft ist, daß der Unternehmer über Originalrechnungen bezüglich der Eingangsleistungen verfügt oder ob eine späterer Nachweis (z.B. im Rahmen einer Außenprüfung) dadurch erbracht werden kann, daß Zweitschriften oder Kopien der Rechnungen vorgelegt werden.

Nach dem Urteil können die Mitgliedstaaten zwar regeln, daß unter einer Rechnung nicht nur das Original, sondern auch jedes andere Dokument verstanden werden kann, das den Vorschriften über die Rechnung entspricht. Die Mitgliedstaaten sind nach dem Urteil jedoch auch befugt, zum Nachweis des Rechts auf Vorsteuerabzug die Vorlage von Originalrechnungen zu verlangen. Besitzt der Unternehmer diese Originale nicht mehr, können die Mitgliedstaaten andere Beweise verlangen, aus denen sich ergibt, daß der Eingangsumsatz tatsächlich stattgefunden hat.

Das Urteil bestätigt die Praxis nach deutschem Umsatzsteuerrecht, daß ein Vorsteuerabzug nachträglich aberkannt werden kann, wenn der Unternehmer das Abzugsrecht bei einer Außenprüfung nicht unter Voralge von Originalrechnungen nachweisen kann. Nach dem Urteil ist es im übrigen den Mitgliedstaaten überlassen, nicht nur die in der Rechnung erforderlichen Angaben bzw. die Anforderungen an die Form der Rechnung, sondern auch die Art des Belegnachweises für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zum Zeitpunkt der Ausübung des Abzugsrechts selbst festzulegen. Dies dürfte sich bereits unmittelbar aus der generellen Ermächtigung des Artikels 22 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie ergeben. Hiernach können die Mitgliedstaaten weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden. Die Grenze dieser möglichen Forderungen ist in dem Urteil vom 14.7.1988, 123, 330/87 (Jeunehomme, „EGI”) gezogen worden. Danach können die Mitgliedstaaten weitere, in die Rechnung aufzunehmende Angaben fordern, wenn sie durch ihre Zahl oder ihre technische Kompliziertheit die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 05.12.1996, C-85/95

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