Kommentar

1. Ein Unternehmer kann Vorsteuerbeträge bei Anschaffung eines Gegenstands für das Unternehmen abziehen, wenn kein Ausschlußgrund nach § 15 Abs. 2 UStG vorliegt. Nach der Vorschrift ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen , wenn der Gegenstand zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet wird. Verwendet der Unternehmer den Gegenstand nur zum Teil für solche Ausschlußumsätze (gemischte Verwendung ), ist nach § 15 Abs. 4 UStG der Teil der Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der dem zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.

2. Bei Anschaffung eines Gebäudes , dessen Nutzflächen zum Teil als Wohnräume steuerfrei, im übrigen als Gewerbeflächen steuerpflichtig verwendet werden, sind nur die Vorsteuerteilbeträge aus den Baurechnungen abziehbar, die der Vermietung der Gewerbeflächen wirtschaftlich zuzurechnen sind.

Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 12. 3. 1992, V R 70/87, BStBl 1992 II S. 755) war bei Herstellung eines solchen Gebäudes durch den Unternehmer die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Flächenschlüssel als sachgerechte Schätzungsmethode anerkannt worden.

Für den Erwerb eines solchen – zur gemischten Verwendung vorgesehenen – Gebäudes stellte der BFH nun auf andere Kriterien ab. Als sachgerechte Schätzung der nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge i.S.v. § 15 Abs. 4 UStG ist jedes Aufteilungsverfahren anzuerkennen, das – objektiv nachprüfbar – nach einheitlicher Methode die beiden „Nutzungsteile” eines gemischt verwendeten Gegenstands bzw. einer sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zurechnet.

Das gilt auch für das sog. Ertragswertverfahren , das zur Bestimmung des Kaufpreises bei Erwerb des bebauten Grundstücks von den Beteiligten herangezogen wurde (erwartete Jahresrohmiete für die jeweiligen Nutzflächen unter Anwendung eines einheitlichen Vervielfältigers). Entscheidend ist nur, daß beide Gebäudeteile nach demselben Verfahren bewertet wurden und die Wertverhältnisse bei der Kaufpreisbildung entsprechend berücksichtigt wurden.

Da die Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge „durch den Unternehmer” vorzunehmen ist und sich als sachgerechte Schätzung erweist ( § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ), kann das Finanzamt keine andere Schätzungsmethode als maßgeblich ansetzen (etwa den Flächenschlüssel), auch wenn diese ebenfalls sachgerecht sein könnte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 05.02.1998, V R 101/96

und v. 12. 3. 1998, V R 50/97.

Hinweise:

1. Als „sachgerechte Schätzung” der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge, die sich bei Herstellung eines Gebäudes aufgrund der steuerfreien Verwendung (i. d. R. Vermietung) eines Teiles der Räume/Flächen ergaben, hatte die BFH-Rechtsprechung bisher die Aufteilung nach dem sog. Flächenschlüssel angesehen. Im Urteil v. 12. 3. 1992, V R 70/87, BStBl 1992 II S. 755, hatte der BFH noch die Auffassung des Finanzamts bestätigt, das die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Flächenschlüssel als (einzig) „gerechte Methode an die Stelle einer vom Unternehmer vorgenommenen Aufteilung nach einem Ertragswertschlüssels gesetzt hatte. Diese Auffassung ging davon aus, daß sich die Baukosten (mit den darauf beruhenden Vorsteuerbeträgen) grundsätzlich gleichmäßig auf die unterschiedlich genutzten Gebäudeflächen verteilten.

Die bisherige Rechtsprechung war zudem von der (bis 1990 geltenden) Vorschrift des § 15 Abs. 6 UStG beeinflußt, derzufolge eine Aufteilung nach einem sog. Umsatzschlüssel ausgeschlossen war, wenn sie – gemessen an einer (gegenstandsbezogenen) Aufteilung nach dem Flächenschlüssel – „zu ungerechtfertigten Steuervorteilen” führte.

2. Zur Vorsteueraufteilung bei Erwerb eines gemischt verwendeten Gebäudes ergab sich zuletzt eine unterschiedliche Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG): Das FG Hamburg, Urteil v. 4. 9. 1997, VII 72/94, EFG 1997, S. 574 (Vorentscheidung zu BFH, Urteil v. 5. 2. 1998, V R 101/96 ), hielt die Anwendung des Flächenschlüssels gemäß der BFH-Rechtsprechung auch bei Gebäudeerwerb für zutreffend. Hingegen erkannte das FG Münster, Urteil v. 13. 3. 1997, 5 K 1915/95 U, EFG 1997 S. 1269 (Vorentscheidung zu BFH, Urteil v. 5. 2. 1998, V R 50/97) grundsätzlich den vom Unternehmer (jedenfalls z. T.) angesetzten Ertragswertschlüssel, an.

Der BFH übertrug die o. g. Grundsätze zur Vorsteueraufteilung bei Herstellung eines gemischt zu verwendenden Gebäudes nicht auf den Fall des Erwerbs solcher Gebäude. Die neue Rechtsprechung geht davon aus, daß die beim Erwerb von den Beteiligen angestellten Erwägungen zur Kaufpreisermittlung – wie hier: durch Berücksichtigung unterschiedlicher Ertragswerte von Wohn- und Gewerbeflächen des Gebäudes – auch für die verwendungsabhängige Vorsteueraufteilung maßgebend sind.

Die Frage eines „ungerechtfertigten Steuervorteils” (allenfalls gegenüber der Kostenverteilung nach Flächenschlüssel) stellt sich nicht, ...

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