Leitsatz

Ein Deponiebetreiber, der sich den Abfallbesitzern gegenüber im eigenen Namen zur Abfallentsorgung verpflichtet und dementsprechend auch deren Abfall entsorgt, erbringt an diese steuerpflichtige Leistungen, auch wenn die Deponiebetreiber nach § 3 AbfG, § 16 KrW-/AbfG nur als Vertreter des entsorgungspflichtigen Landkreises gegenüber den Abfallbesitzern hätten tätig werden dürfen.

 

Normenkette

§ 15 Abs.1 Satz 1 UStG , § 40, § 41 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte die bei ihr entstandenen Abfälle bei Deponiebetreibern abgeliefert, die vom Landkreis mit der Abfallentsorgung beauftragt wurden und die gegenüber der Klägerin und auch sonst stets im eigenen Namen aufgetreten waren. Nach den Abfallsatzungen sollten die Entgelte für die Inanspruchnahme der "vom Kreis zur Verfügung gestellten Abfallentsorgungsanlagen" dem Anlieferer von dem vom Kreis beauftragten Anlagenbetreiber direkt in Rechnung gestellt werden.

Das FA ließ den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Deponiebetreiber nicht zum Abzug zu, weil es sich um eine dem Kreis obliegende hoheitliche Pflichtaufgabe handele und der Deponiebetreiber lediglich Erfüllungsgehilfe des Landkreises sei. Die Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Das BMF war dem Verfahren beigetreten und verwies auf sein Schreiben in BStBl I 1991, 81. Der BFH teilt die Auffassung der Finanzverwaltung nicht; allein entscheidend seien die vertraglichen Leistungsbeziehungen. Auf deren zivilrechtliche Wirksamkeit oder darauf, ob die befreiende Übertragung von Pflichtaufgaben auf private Dritte öffentlich-rechtlich zulässig sei, komme es nach §§ 40, 41 AO nicht an.

 

Hinweis

Die Besprechungsentscheidung ist ein weiterer Meilenstein für die Beurteilung von Leistungsbeziehungen aus dem Bereich hoheitlicher Aufgaben. Die Entscheidungen des EuGH hierzu haben den Weg dazu gewiesen.

Festzuhalten ist zunächst: Es gelten die allgemeinen Grundsätze! Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt.

Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder (berechtigterweise, d.h., in Kenntnis des Vertretenen und zumindest mit dessen Duldung) im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Ist – wie im Besprechungsfall – der Deponiebetreiber im eigenen Namen und aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen gegenüber den Anlieferern aufgetreten, bestimmt diese Leistungsbeziehung die entsprechende Umsatzbesteuerung.

Zweifel bestanden – auch nach der bisherigen Rechtsprechung –, inwiefern für die Beurteilung von Leistungsbeziehungen eine Rolle spielen darf, ob eine öffentlich-rechtliche Aufgabe zulässigerweise auf einen Dritten übertragen werden durfte. Das ist nicht der Fall, wie der BFH nun unter Hinweis auf die Regelungen in § 40 und § 41 AO klargestellt hat.

Für die Beurteilung von Leistungsbeziehungen sind nur die konkreten vertraglichen Leistungsbeziehungen entscheidend. Ob diese nach den entsprechenden öffentlich-rechtlichen Regelungen rechtlich zulässig sind, ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich unbeachtlich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.2.2002, V R 19/01

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