Für einen Voranmeldungszeitraum schließen sich das allgemeine Besteuerungsverfahren und das Vorsteuer-Vergütungsverfahren gegenseitig aus. Sind jedoch die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer die Steuer im Allgemeinen Besteuerungsverfahren (z. B. nach § 14c Abs. 1 UStG), kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge abweichend von § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren durchgeführt werden.

Im Laufe eines Kalenderjahrs kann zudem der Fall eintreten, dass die Vorsteuerbeträge eines im Ausland ansässigen Unternehmers abschnittsweise im Wege des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens und im Wege des allgemeinen Besteuerungsverfahrens zu vergüten oder von der Steuer abzuziehen sind. In diesen Fällen verfährt die Finanzverwaltung für jedes Kalenderjahr wie folgt:

  • Vom Beginn des Voranmeldungszeitraums an, in dem erstmalig das allgemeine Besteuerungsverfahren durchzuführen ist, endet insoweit die Zuständigkeit des BZSt.
  • Der im Ausland ansässige Unternehmer hat seine Vorsteuerbeträge für diesen Voranmeldungszeitraum und für die weiteren verbleibenden Voranmeldungszeiträume dieses Kalenderjahrs im Allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend zu machen. Erfüllt der Unternehmer im Laufe des Kalenderjahrs erneut die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens, bleibt es demnach für dieses Kalenderjahr bei der Zuständigkeit des Finanzamts; ein unterjähriger Wechsel vom allgemeinen Besteuerungsverfahren zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist somit nicht möglich.
  • Hat der im Ausland ansässige Unternehmer Vorsteuerbeträge, die in einem Voranmeldungszeitraum entstanden sind, für den das allgemeine Besteuerungsverfahren noch nicht durchzuführen war, nicht im Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend gemacht, kann er diese Vorsteuerbeträge ab dem Zeitpunkt, ab dem das allgemeine Besteuerungsverfahren anzuwenden ist, nur noch in diesem Verfahren geltend machen. Beim Abzug dieser Vorsteuerbeträge von der Steuer gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 4–6 UStG sowie § 61 Abs. 3 und § 61a Abs. 3 UStDV entsprechend.
  • Ab dem Zeitraum, ab dem erstmalig die Voraussetzungen für das allgemeine Besteuerungsverfahren vorliegen, hat der Unternehmer unter den Voraussetzungen von § 18 Abs. 2 und 2a UStG eine Voranmeldung abzugeben. In diesem Fall sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge durch Vorlage der Rechnung und Einfuhrbelege im Original nachzuweisen.[1]
  • Nach Ablauf eines Kalenderjahrs, in dem das allgemeine Besteuerungsverfahren durchzuführen ist, hat der im Ausland ansässige Unternehmer bei dem Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben. Das Finanzamt hat die Steuer für das Kalenderjahr festzusetzen. Hierbei sind die Vorsteuerbeträge nicht zu berücksichtigen, die bereits im Vorsteuer-Vergütungsverfahren vergütet worden sind.[2]

Ist bei einem im Ausland ansässigen Unternehmer das allgemeine Besteuerungsverfahren durchzuführen und ist dem Finanzamt nicht bekannt, ob der Unternehmer im laufenden Kalenderjahr bereits die Vergütung von Vorsteuerbeträgen im Vorsteuer-Vergütungsverfahren beantragt hat, hat das Finanzamt beim BZSt anzufragen. Wurde das Vorsteuer-Vergütungsverfahren beim BZSt in diesem Fall bereits durchgeführt, hat der Unternehmer die abziehbaren Vorsteuerbeträge auch im Allgemeinen Besteuerungsverfahren durch Vorlage der Rechnungen und Einfuhrbelege im Original nachzuweisen.[3]

Das Neutralitätsgebot soll es rechtfertigen, dass einem nicht in der EU ansässigen Unternehmer der Vorsteuerabzug im Erhebungszeitraum (Regelbesteuerung) der Ausführung der steuerbaren Lieferung und des Bezugs der Eingangsleistung zu gewähren ist, wenn in diesem Erhebungszeitraum die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug unstreitig gegeben sind, eine den Vorsteuerabzug rechtfertigende ordnungsgemäße Rechnung (erstmalig Steuerausweis etc.) zeitnah zu Beginn des Folgeerhebungszeitraum ausgestellt wird und in diesem Erhebungszeitraum das einschlägige Vorsteuervergütungsverfahren mangels Gegenseitigkeit keinen Vorsteuerabzug zulässt. Somit wäre der Vorsteuerabzug zu gewähren, obwohl im Besteuerungszeitraum noch keine ordnungsgemäße Rechnung vorlag, da der Vorsteuerabzug im folgenden Besteuerungszeitraum trotz der dann vorliegenden Rechnung nur im Vorsteuervergütungsverfahren geltend gemacht werden könnte und dort am Erfordernis der Gegenseitigkeit scheitern könnte.[4]

[4] Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 4.5.2022, 2 K 2193/21, EFG 2022 S. 1241 zu einem Fall, in dem das Gegenseitigkeitserfordernis für das im Streitjahr 2018 anzuwendende Regelbesteuerungsverfahren gem. § 18 Abs. 3 UStG nicht gilt (im Umkehrschluss aus § 15 Abs. 4b UStG, wonach für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die z. B. nur Steuer nach § 13b Abs. 5 UStG schulden, die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG entsprechend gelten; die Klägerin schuldet die Steuer nach § 13 Abs....

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