Einkommensteuerlich stellt sich die Frage, wie die Einkünfte aus der Personengesellschaft beim Nießbraucher, wie auch beim Nießbrauchsteller, zu beurteilen sind. Um diese Frage beantworten zu können, ist jedoch zunächst zu klären, wer Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist.

Der Nießbraucher ist nur dann als Mitunternehmer zu qualifizieren, wenn er eine Stellung erlangt, die dem Typus des Mitunternehmers entspricht. Zum Vorliegen einer Mitunternehmereigenschaft muss demnach eine rechtliche und tatsächliche Stellung erlangt sein, die Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko vermittelt. Dies liegt ggf. bei im Einzelfall getroffenen Abreden vor oder bei einer solchen Ausgestaltung die dem Nießbraucher eine Rechtposition nach den (dispositiven) Vorgaben des BGB zuspricht (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 15 Rz. 306 m.w.N.).

Zur Vermittlung von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko ist neben der Beteiligung am Gewinn erforderlich, dass ein Teil der mit einer Mitunternehmerschaft verbundenen Mitverwaltungsrechte für laufende Angelegenheiten allein oder mit dem Gesellschafter bzw. Nießbrauchbesteller ausgeübt wird. Hieraus kann abgeleitet werden, dass sowohl der Nießbraucher (i.R seiner Mitverwaltungsrechte in laufenden Angelegenheiten) als auch der Nießbrauchbesteller (i.R. seiner Mitverwaltungsrechte in Grundlagengeschäften) Mitunternehmerinitiative (auch nebeneinander) entfalten können. Eine abweichende vertragliche Regelung zwecks Zuspruch aller Mitverwaltungsrechte zugunsten des Nießbrauchstellers führt letztendlich dazu, dass der Nießbraucher als einziger Mitunternehmerinitiative ausüben kann. Zusammen mit einem vorliegendem Mitunternehmerrisiko ergibt sich die alleinige Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers und umgekehrt. Folglich stellt sich die Frage, wonach sich das Vorliegen des Mitunternehmerrisikos richtet, Beim Nießbrauchsteller (Gesellschafter) ist das Mitunternehmerrisiko zu bejahen, weil dieser im Außenverhältnis (zumindest begrenzt auf seine Einlagen) haftet. Zudem sind ihm die nicht entnahmefähigen Gewinne und der Gewinn aus der Realisierung stiller Reserven als auch die Verluste am Geschäftswert zuzuordnen. Gleiches gilt für die Gewinne und Verluste am Auseinandersetzungsguthaben (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 15 Rz. 306; Strahl, KÖSDI 2020, Heft 41, Rz. B/33 ff. m.w.N.; Haep in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 8/2017, § 15 EStG Rz. 439; BFH v. 1.3.1994 – VIII R 35/92, BStBl. II 1995, 241; BFH v. 3.12.2015 – IV R 43/13, BeckRS 2016, 94366; BFH v. 16.12.2009 – II R 44/08, GmbHR 2010, 499).

Ob dem Nießbraucher ein Mitunternehmerrisiko zugesprochen werden kann, ist nicht abschließend geklärt. Jedoch erkannte der BFH ein abgeschwächtes Mitunternehmerrisiko durch Partizipation des Nießbrauchers an zukünftigen Gewinnen und Verlusten an, sofern ein alleiniges Stimmrecht des Nießbrauchers vorliegt. Der BFH begründet die Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers ohne Beteiligung an den stillen Reserven somit damit, dass das abgeschwächte Mitunternehmerrisiko durch eine "verstärkte" Mitunternehmerinitiative (durch Ausübung aller Stimmrechte) kompensiert wird (vgl. BFH v. 11.4.1973 – IV R 67/69, BStBl. II 1973, 528).

Beraterhinweis Jedoch ist Teilen der Literatur m.E. zuzustimmen, wonach ein Nießbraucher schon allein dadurch Mitunternehmerrisiko trägt, dass er unmittelbar am laufenden Gewinn und mittelbar am laufenden Verlust durch Beschränkung zukünftiger entnahmefähiger Gewinne beteiligt ist (vgl. Haep in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 08/2017, § 15 EStG Rz. 442; Wacker in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 15 Rz. 306, 311 m.w.N.)

Wie zivilrechtlich bereits erörtert, geht die Rspr. davon aus, dass bei einem nach den Vorgaben des BGB gestalteten Nießbrauch, das Stimmrecht in laufenden Angelegenheiten dem Nießbraucher zusteht und dem Nießbrauchbesteller das Stimmrecht in außerordentlichen Angelegenheiten. Nach bisheriger Rspr. folgte, dass bei einer Zurechnung von Stimmrechten in laufenden und außerordentlichen Angelegenheiten zugunsten des Nießbrauchers der Gesellschafter von seiner Stimmrechtsausübung ausgeschlossen ist und selbst keine Mitunternehmerinitiative entfalten bzw. Mitunternehmerstellung erlangen kann (vgl. Strahl, KÖSDI 2020, Heft 41, Rz. B/33 ff.; BFH v. 6.5.2015 – II R 34/13, BStBl. II 2015, 821).

Hiervon ist der 2. Senat des BFH jedoch abgewichen, wonach der Eigentümer des Anteils bzw. Nießbrauchsteller Mitunternehmer sein kann, wenn dem Nießbraucher die Stimmrechtsausübung in Grundlagengeschäften lediglich über eine widerrufliche Stimmrechtsvollmacht erlaubt ist. Danach verfügt der Gesellschafter als Nießbrauchsteller über Mitunternehmerinitiative, da der Nießbraucher selbst das Stimmrecht nur solange ausüben kann, wie die Stimmrechtsvollmacht nicht durch den Gesellschafter widerrufen ist (vgl. BFH v. 6.11.2019 – II R 34/16, DStR 2020, 382).

Fraglich ist, ob eine doppelte Mitunternehmerstellung durch Nießbraucher und Ni...

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