Rz. 89

[Autor/Stand] Festhalten am Konzept des Aktivkatalogs. Art. 7 Abs. 2 ATAD enthält mit einem Einkünftekatalog und einem Principal Purpose Test zwei alternative Konzepte zur Definition der passiven Einkünfte (Rz. 22). Das ATADUmsG v. 25.6.2021 folgt diesem nicht, sondern es werden – wie bisher – aktive Einkünfte definiert, die nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen müssen. Im Umkehrschluss liegen passive Einkünfte vor, wenn sie nicht ausdrücklich unter eine der Katalogtätigkeiten des § 8 Abs. 1 subsumiert werden können. Der Gesetzgeber hat damit im ATADUmsG v. 25.6.2021 bedauerlicherweise an dem äußerst komplexen Zusammenspiel von Regel-Ausnahme-Rückausnahme-Ausnahme festgehalten. Von einer "zeitgemäßen und rechtssicheren" Ausgestaltung der Hinzurechnungsbesteuerung "zur Stärkung des Steuerstandorts Deutschland" kann daher keine Rede sein.[2] Darüber hinaus wird dem seit 1972 stattgefundenen technischen Wandel von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft nicht Rechnung getragen. Es bleibt daher dabei, dass die Bestimmung der "Aktivität" einer potenziellen ausländischen Zwischengesellschaft in der Praxis äußerst schwierig ist (zur Kritik s. auch Rz. 43).

 

Rz. 90

[Autor/Stand] Land- und Forstwirtschaft, Produktion, Energieerzeugung und Abbau von Bodenschätzen. § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 wurden durch das ATADUmsG v. 25.6.2021 nicht geändert. Die Hinzurechnungsbesteuerung gilt damit (wie bisher) nicht für Einkünfte ausländischer Gesellschaften aus Land- und Forstwirtschaft, aus der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung und Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie sowie aus dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen.

 

Rz. 91

[Autor/Stand] Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 sind Einkünfte von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten grundsätzlich aktiv. Dies gilt nicht, wenn ihre Einkünfte zu mehr als einem Drittel aus Geschäften mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen stammen. Das bislang vorgesehene Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs ist entfallen. Die Änderungen gehen zurück auf Art. 7 Abs. 3 Satz 2 ATAD (Rz. 24).[5] Die Vorschrift erstreckt sich auch auf Finanzunternehmen nach dem KWG, wobei die unmittelbare und mittelbare Beteiligung mehr als 50 % aufweisen muss, um – so die Gesetzesbegründung – die zu expansive Einbeziehung von Holdinggesellschaften zu verhindern.

 

Rz. 92

[Autor/Stand] Zinsen und sonstige Einkünfte aus Finanzanlagevermögen. § 8 Abs. 1 Nr. 7 ist aus dem Aktivkatalog entfallen. Infolgedessen sind nunmehr Zinsen immer passiv, es sei denn, sie können funktional aktiven Einkünften zugeordnet werden, oder sie werden durch § 8 Abs. 1 Nr. 3 erfasst. Auch sonstige Einkünfte aus Finanzanlagevermögen sind grundsätzlich passiv, da sie durch den Aktivkatalog des § 8 Abs. 1 – mit Ausnahme des § 8 Abs. 1 Nr. 3 – nicht erfasst werden. Diese sehr restriktive Handhabung von Zinsen und sonstigen Einkünften aus Finanzanlagevermögen ist von erheblicher praktischer Relevanz; außerhalb des § 8 Abs. 1 Nr. 3 können Zinsen nur "aktiv" sein, wenn sie in einem funktionalen Zusammenhang mit einer aktiven Tätigkeit stehen.

 

Rz. 93

[Autor/Stand] Handel und Dienstleistungen. § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sieht auch nach der Reform der Hinzurechnungsbesteuerung durch das ATADUmsG v. 25.6.2021 eine überaus komplexe Konzeption i.S. einer Ausnahme sowie Ausnahme und Rückausnahme von der Ausnahme vor. Einkünfte aus Handel (Nr. 4) und aus Dienstleistungen (Nr. 5) sind zwar grundsätzlich aktiv, dies gilt allerdings nicht, soweit die Tätigkeiten mit dem Steuerpflichtigen oder einer diesem nahestehenden Person betrieben werden. Eine Rückausnahme zur "Aktivität" ist nur dann möglich, wenn ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhalten wird und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines im Inland Steuerpflichtigen oder einer ihm nahestehenden Person ausgeübt werden. Mit dem Festhalten an der bisherigen Struktur des § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 bleibt es bei der insofern erheblichen Rechtsunsicherheit. Dies gilt vor allem für das Kriterium der schädlichen Mitwirkung. Der Gesetzgeber hat es verpasst, auf das Konzept der Abrechnungsunternehmen i.S.d. Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Ziff. vi ATAD überzugehen. Sobald die Gesetzesbegründung davon ausgeht, dass diese Vorschrift "umgesetzt" sei, ist dies nicht sachgerecht.[8] Denn die weitgehende Voraussetzung der "schädlichen Mitwirkung" ist der ATAD genauso unbekannt, wie die Kriterien eines "in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs" und der "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr". Und: Solchen funktionsschwachen Tätigkeiten sind bereits nach dem Fremdvergleichsgrundsatz durch entsprechende Verrechnungspreise geringe Gewinne zuzuordnen (Rz. 58). Dah...

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