Leitsatz

1. Eine vGA an eine dem Gesellschafter nahestehende Kapitalgesellschaft setzt nicht voraus, dass der Gesellschafter in der vorteilsgewährenden oder der empfangenden Kapitalgesellschaft eine beherrschende Stellung innehat.

2. Wurde eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste, nicht vollwertige Darlehensforderung im Jahr der Darlehensgewährung fehlerhaft nicht wertberichtigt und wird die Wertberichtigung aufgrund des Grundsatzes des formellen Bilanzzusammenhangs in einem nachfolgenden Veranlagungszeitraum nachgeholt, so kann die Nachholung in dem nachfolgenden Veranlagungszeitraum zu einer vGA führen.

3. Reicht der Steuerpflichtige mit der Steuererklärung zunächst einen formnichtigen Jahresabschluss ein und ersetzt er diesen später durch einen wirksamen Jahresabschluss, ist für die Übereinstimmung der steuerlichen mit der handelsrechtlichen Wahlrechtsausübung nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG auf den wirksamen Jahresabschluss abzustellen.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG, § 5 Abs. 1 S. 2 EStG

 

Sachverhalt

Gesellschafter der X-GmbH waren zunächst A mit einem Anteil von 30 %, B mit 35 %, C mit 25 % und D mit 10 %. Nachdem der Gesellschaftsanteil des C im Jahr 1996 eingezogen worden war, änderte sich die Beteiligungsquote des A auf 40 %, die des B auf 46,7 % und die des D auf 13,3 %. Geschäftsführer der X-GmbH waren in den Streitjahren A und B. A, B und C waren außerdem mit Beteiligungsquoten von jeweils 25 % Gesellschafter der 1991 gegründeten Y-GmbH; A und B waren bis April 1998 Geschäftsführer auch der Y-GmbH.

Die X-GmbH gewährte der Y-GmbH seit 1992 fortlaufend Kredite, für die teilweise weder Laufzeiten noch Rückzahlungsmodalitäten vereinbart waren; von 1995 bis 1997 übernahm die X-GmbH auch laufende Verbindlichkeiten der Y-GmbH. An Kreditzinsen berechnete die X-GmbH der Y-GmbH 8 % p.a., auch soweit ein Zinssatz von 10 % p.a. vereinbart war. Ein im September 1998 gestellter Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Y-GmbH wurde im April 1999 mangels Masse abgelehnt. In ihren Bilanzen auf den 31.12.1995 und auf den 31.12.1998 nahm die X-GmbH i.H.d. zu diesen Zeitpunkten offenen Darlehensforderungen Teilwertabschreibungen vor.

Im Rahmen einer Außenprüfung reichte die X-GmbH Ende 2000/Anfang 2001 beim FA neue Jahresabschlüsse betreffend die Streitjahre 1995 bis 1998 ein, weil die ursprünglich mit den Steuererklärungen vorgelegten Jahresabschlüsse mangels nach § 31 HGB erforderlicher Abschlussprüfungen nichtig gewesen seien. In den neu vorgelegten Bilanzen machte sie Sonderabschreibungen nach dem FördG, die in den ursprünglichen Bilanzen berücksichtigt waren, nicht mehr geltend. Das FA legte der ertragsteuerlichen Behandlung der Streitjahre die ursprünglich eingereichten Bilanzen zugrunde; außerdem rechnete es dem Gewinn der Klägerin für 1995 und 1998 die abgeschriebenen Darlehensforderungen gegen die Y-GmbH als vGA hinzu.

Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen (Sächsisches FG, Urteil vom 19.12.2006, 2 K 1763/03).

 

Entscheidung

…, was der BFH bestätigte. Einzelnes ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Das Urteil bringt zunächst Bestätigendes ebenso wie Klärendes zur vGA (in Gestalt eines nicht hinreichend werthaltigen und besicherten und eigenkapitalersetzenden Darlehens unter Schwester-GmbH, also um ein sog. Upstream-Darlehen):

Zum einen wird etwas eigentlich Selbstverständliches bestätigt, nämlich die Tatsache, dass ein steuerverdächtiges "Nahestehen" zu dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auch unter Schwester-Kapitalgesellschaften bestehen kann, und dass der betreffende Gesellschafter in diesen beiden Gesellschaften dafür nicht eine beherrschende Stellung innehaben muss.

Auf die Beherrschungssituation kommt es sonach allein für die bekannten Sonderbedingungen an, denen der beherrschende Gesellschafter aus körperschaftsteuerlicher Sicht unterworfen wird: dem Erfordernis klarer, eindeutiger und vorheriger Abmachungen mit der Gesellschaft. Ansonsten kommt der Frage nach der Beherrschung keine besondere Bedeutung zu.

Zum anderen zeigt das Urteil klärend den Zusammenhang auf, der zwischen einer vGA und dem formellen Bilanzzusammenhang besteht. Es kommt für die Annahme einer vGA nicht darauf an, dass der VZ der gesellschaftlichen Veranlassung und der VZ der Gewinnauswirkung ein und derselbe VZ sind. Denn § 8 Abs. 3 S. 2 KStG erfordert keine Zeitkongruenz. Wird eine "vergessene" Gewinnminderung erst in einem späteren – dem ersten "offenen" – VZ nachgeholt, dann "schlägt" in diesem VZ auch die vGA in Gestalt einer außerbilanziellen Hinzurechnung zu, und zwar unabhängig davon, dass sie bereits in jenem VZ veranlasst war, als die Minderung seinerzeit "vergessen" wurde.

Darin liegt ein weiterer Gesichtspunkt, der für den Korrekturmechanismus einer vGA zu berücksichtigen ist, wenn Anlass und Wirkung auseinanderfallen. Eine andere Facette dazu wurde in dem Urteil vom 21.08.2007, I R 74/06 (BFH/NV 2008, 158, BFH/PR 2008, 66) entwickelt und dargestellt; darauf ist zu...

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