Entscheidungsstichwort (Thema)

Akteneinsicht. Verwaltungsrechtsweg. Insolvenzverwalter. Informationsfreiheitsgesetz. Abgabenordnung. Eröffnung des Finanzrechtswegs in öffentlich-rechtlichen Streitigkeitenüber Abgabenangelegenheiten. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs durch die Geltendmachung eines Anspruchs durch einen Insolvenzverwalter auf Akteneinsicht in Steuerdaten eines Insolvenzschuldners. Maßgeblichkeit der rechtlichen Einordnung des geltend gemachten Anspruches durch den Kläger selbst für die Eröffnung des Rechtswegs

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch eines Insolvenzverwalters auf Akteneinsicht in Steuerdaten eines Insolvenzschuldners. Kein Verwaltungsrechtsweg.

 

Normenkette

VwGO § 40; IFG NRW § 4; VwGO § 40 Abs. 1 S. 1; IFG NRW § 2; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 14.05.2012; Aktenzeichen 7 B 53.11)

OVG für das Land NRW (Urteil vom 15.06.2011; Aktenzeichen 8 A 1150/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50,00 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts -Insolvenzgerichts – L vom 8. September 2006 in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma U, B, zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2008 wandte er sich unter Bezugnahme auf die Vorschriften des IFG sowie den im Verfahren 8 A 1548/07 ergangenen Beschluss des OVG NRW vom 28. Juli 2008 an den Beklagten und bat, ihm zur vollständigen Aufarbeitung der wirtschaftlichen und der steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin Speicherkontenauszüge für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2006 zur Körperschafts-, Umsatz- sowie Lohnsteuer zuzusenden. – Mit nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 20. November 2008 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Übersendung von Speicherkontenauszügen ab und führte zur Begründung aus: Der Schuldnerin seien in Form von Bescheiden und Buchungsmitteilungen bereits alle Informationen zur Verfügung gestellt worden, auf die auch der Insolvenzverwalter zugreifen könne. Der Insolvenzverwalter könne sich daher die Informationen in zumutbarer Weise vom Schuldner beschaffen. So habe er den Zugriff auf die komplette Buchführung und die Kontoauszüge des Schuldners, wonach aus Anmeldungen/Bescheiden und Zahlungsein- und Ausgängen problemlos die geforderten Informationen rekonstruiert werden könnten. § 5 Abs. 4 IFG NRW sehe insoweit einen Informationsanspruch nicht vor. Sofern bei der Aufarbeitung der steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin Unklarheiten entstehen sollten, sei er, der Beklagte, selbstverständlich bereit, mit Informationen zu dienen, wenn konkret zu dem einzelnen Forderungsbetrag dargelegt und begründet werde, warum die Auskunft benötigt werde.

Der Kläger hat am 23. Mai 2009 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen geltend macht: Die Insolvenzschuldnerin habe über keine geordnete Buchführung und über kein geordnetes Belegwesen verfügt. Der faktische Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und deren Verfahrensbevollmächtigte hätten jedoch angegeben, durch Ratenzahlung an den Beklagten in der Vergangenheit erhebliche Zahlungen geleistet zu haben, so dass Steuerverbindlichkeiten in erheblichem Umfang getilgt worden seien. Unterlagen dazu hätten jedoch nicht vorgelegt werden können. Streitgegenstand sei ein Auskunftsanspruch nach § 1 IFG, mithin ein verfassungsrechtlich geschützter Informationsanspruch, für dessen Geltendmachung der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei. Das IFG habe einen eigenen Regelungszweck. Der Anspruch werde nicht dadurch zur abgabenrechtlichen Angelegenheit, dass Gegenstand der Information steuerliche Angelegenheiten seien. Die Erteilung von Auskünften sei nicht Gegenstand der „Verwaltung von Abgaben". Bei allen drei Steuerarten, zu denen er Auskunft begehre, handelt es sich um Steuern, die vom Beklagten in Auftragsverwaltung nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 GG, konkretisiert durch § 17 FVG, verwaltet würden. Damit müssten aber die für den Bund im IFG geregelten Grundsätze auch für das Land gelten.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihm Auskunft über die in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin U bei ihm gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen für die Jahre 2005 und 2006 für sämtliche Steuerarten zu erteilen.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Er führt im wesentlichen aus: Für das Begehren des Klägers sei der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Kontoauszüge zu Körperschafts-, Umsatz- und Lohnsteuer gäben in Form einer Übersicht Auskunft darüber, inwieweit Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis bestünden und gegebenenfalls durch Zahlung erfüllt worden seien. Damit hänge die Anforderung von Kontoauszügen zum Zwecke der Üb...

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