Leitsatz

Mietet der Arbeitgeber einen Raum als Außendienst-Mitarbeiterbüro von seinem Arbeitnehmer an, sind die Mietzahlungen dann nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen, wenn der Arbeitgeber gleich lautende Mietverträge auch mit fremden Dritten abschließt und die Anmietung des Raums im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Dieses ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer über keinen weiteren Arbeitsplatz in einer Betriebsstätte des Arbeitgebers verfügt.

 

Normenkette

EStG § 19 , EStG § 21 Abs. 1 und 3

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine regional tätige Steuerberatungsgesellschaft mit rd. 250 Arbeitnehmern. Um die Betreuung der Mandanten vor Ort gewährleisten zu können, mietete die Klägerin schon seit vielen Jahren u.a. von ihren Arbeitnehmern, von deren Angehörigen, aber auch von fremden Dritten zu jeweils gleichen Vertragsbedingungen Außendienst-Mitarbeiterbüros an. Die Klägerin stellte den Arbeitnehmern die nötigen Büro- und Einrichtungsgegenstände zur Verfügung. Die Miete betrug unabhängig von Ort, Lage, Ausstattung und Größe der rd. 20-25 qm großen Räume einheitlich 200 DM (Warmmiete). Die Mietverträge enthielten keine Koppelung an das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters mit der Klägerin.

Nachdem das FA zunächst Mietverhältnisse anerkannt hatte, sah es letztlich in den Mietzahlungen der Klägerin an ihre Arbeitnehmer und deren Ehegatten die Zahlung von Arbeitslohn und unterwarf sie dem Lohnsteuerabzug.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Nach Ansicht des FG waren die Mietzahlungen an die Ehegatten nicht als Arbeitslohn zu erfassen, wohl aber – aufgrund der Regelung des § 21 Abs. 3 EStG – die Mietzahlungen an die Arbeitnehmer.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Auch die Zahlungen der Klägerin an ihre Mitarbeiter seien nicht als Arbeitslohn, sondern als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren. Die Vorrangregelung des § 21 Abs. 3 EStG greife im Streitfall nicht ein. Denn die Zahlungen an die Mitarbeiter seien nur aufgrund der bestehenden Mietverträge erfolgt. Im Übrigen bestünden keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Gestaltung.

Von Bedeutung sei letztlich, dass die Klägerin in den Büroräumen eine Betriebsstätte im eigenbetrieblichen Interesse unterhalten habe und die Arbeitnehmer über keine weiteren Arbeitsplätze in einer (anderen) Betriebsstätte der Klägerin verfügten. Insoweit unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt auch von den Fällen, in denen der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer einen Raum anmiete, in dem sich das häusliche Arbeitszimmer befinde und dieses nachfolgend dem Arbeitnehmer wieder (zusätzlich) zur Verfügung stelle.

 

Hinweis

Die Entscheidung, welcher Einkunftsart Einnahmen zuzuordnen sind, bereitet mitunter erhebliche Schwierigkeiten. Die Besprechungsentscheidung legt unter Berücksichtigung der Vorrangregelung des § 21 Abs. 3 EStG dar, ob Zahlungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer als Arbeitslohn oder als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln sind.

Wegen § 21 Abs. 3 EStG gilt § 21 EStG nur subsidiär. Daher ist vor Anwendung des § 21 EStG stets zu prüfen, ob die Mieteinnahmen im Rahmen einer anderen Einkunftsart angefallen sind. § 21 Abs. 3 EStG regelt die Zuordnungsfrage für den Fall, dass die Einkünfte ihrer Art nach mehreren Einkunftsarten unterfallen.

Die Besprechungsentscheidung stellt klar, dass nicht alles, was an einen Arbeitnehmer geleistet wird, als Arbeitslohn behandelt werden kann. Arbeitslohn liegt nur vor, wenn ein Zusammenhang zwischen der Einnahme und dem Dienstverhältnis besteht. Die Leistung des Arbeitgebers muss sich als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweisen. Bei objektiver Würdigung aller Umstände muss der Entlohnungscharakter im Vordergrund stehen.

Zur Frage des Vorliegens von Arbeitslohn wird zugleich auf neuere Urteile des BFH verwiesen (z.B. Urteil vom 30.5.2001, VI R 177/99, BFH-PR 2001, 371).

Arbeitslohn liegt dagegen nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewirkt wird. Auch zwischen den genannten Personen können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Diese sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen.

Einkünfte, die auf solchen (gesonderten) Rechtsverhältnissen beruhen, sind dann der in Betracht kommenden Einkunftsart (hier: Vermietung und Verpachtung) zuzurechnen, ohne dass § 21 Abs. 3 EStG eingreift. Voraussetzung ist, dass ein derartiges, gesondertes Vertragsverhältnis zu gleichen Bedingungen auch mit Dritten zustande kommt.

Die Besprechungsentscheidung äußert sich nicht zur Frage der steuerlichen Anerkennung von Mietverträgen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über häusliche Arbeitszimmer.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.10.2001, VI R 131/00

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