1. Beginn der Verjährung

Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der Tat (§ 78a S. 1 StGB i.V.m. § 369 Abs. 2 AO). Dies stellt sich bei Steuerdelikten wie folgt dar:

  • In den Fällen von Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder leichtfertigerSteuerverkürzung ist die Tat jedenfalls vollendet, wenn der Taterfolg der Steuerverkürzung eingetreten oder der ungerechtfertigte Steuervorteil erlangt worden ist. Im Gegensatz zur Tatvollendung tritt jedoch Tatbeendigung erst dann ein, wenn das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss gefunden hat. Dieser Zeitpunkt ist bei vollendeter Steuerhinterziehung zwar i.d.R. der Eintritt des Erfolges der Steuerverkürzung, also bei Veranlagungssteuern der Zugang des unrichtigen Steuerbescheides bzw. in Nichtabgabefällen das Ende der allgemeinen Veranlagungsarbeiten im jeweiligen FA, bei Fälligkeitssteuern der Ablauf des gesetzlichen Anmeldungstermins. Jedoch ist für den Verjährungsbeginn dann auf den Zeitpunkt der Zahlung einer etwaigen Steuererstattung abzustellen, wenn die Steuerhinterziehung für den Steuerpflichtigen zu einer negativen Zahllast geführt hat und der Steuerbescheid im Zahlungszeitpunkt noch nicht bekannt gegeben worden war (Ebner in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 376 AO Rz. 29; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 376 AO Rz. 27 [August 2018]; Jäger in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 376 Rz. 24; Grötsch in Wannemacher & Partner, Steuerstrafrecht, 6. Aufl. 2013, Rz. 741; Eich, kösdi 2001, 13036 [13037]; Makee Mosa in Gosch, AO/FGO, § 376 AO Rz. 44 (September 2022); Bülte in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 376 AO Rz. 70 (August 2021); Asholt in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2020, § 376 AO Rz. 40; vgl. auch BGH v. 21.5.2008 – 5 StR 93/08, NStZ-RR 2008, 240 = wistra 2008, 348).
  • Eine Steueranmeldung stellt i.d.R. eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 168 S. 1 AO dar und ersetzt einen Steuerbescheid des FA, indem es diesen gleichsam fingiert. Beachten Sie: Dies gilt aber dann nicht, wenn die Steueranmeldung eine negative Zahllast ausweist bzw. zu einer Steuervergütung führt. Dann ist vielmehr erforderlich, dass das FA seine Zustimmung erteilt (§ 168 S. 2 AO), was auch formlos oder konkludent geschehen kann, z.B. durch Auszahlung des fraglichen Betrages. Dann tritt auch erst mit der Zustimmung des FA Tatvollendung ein (BGH v. 20.9.2018 – 1 StR 512/17, wistra 2019, 62 = AO-StB 2019, 103; v. 25.1.2018 – 1 StR 264/17, NStZ-RR 2018, 141; v. 24.8.2017 – 1 StR 625/16, wistra 2018, 257; v. 24.11.2015 – 1 StR 366/15, wistra 2016, 112; v. 13.10.2015 – 1 StR 357/15, juris; v. 6.4.2016 – 1 StR 431/15, NStZ-RR 2016, 172; v. 7.10.2014 – 1 StR 182/14, wistra 2015, 188; v. 23.7.2014 – 1 StR 196/14, wistra 2014, 486 = StraFo 2014, 478; Jäger in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 370 Rz. 106 m.w.N.; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 397 (Mai 2015). Mit erfolgter Zahlung ist die Tat dann beendet und es beginnt die Verjährung.
  • Bei den Veranlagungssteuern (ESt, GewSt, KSt) ist die Steuer verkürzt, wenn der auf Grund der unvollständigen oder unrichtigen Angaben ergangene Steuerbescheid dem Steuerpflichtigen zugegangen ist (§§ 155, 157, 122 AO). Steuerstrafrechtlich gilt hier nach wohl h.M. die Dreitagesfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO (vgl. BGH v. v. 7.8.2014 – 1 StR 198/14, NZWiSt 2016, 63). Fällt der dritte Tag nach Aufgabe des Steuerbescheids zur Post auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so gilt der Steuerbescheid erst am nächstfolgenden Werktag als bekanntgegeben (Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 357 m.w.N. [März 2016]).
  • Bei der Erwirkung eines unrichtigen Grundlagenbescheids (z.B. eines Bescheids über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung) ist die Tat erst beendet und tritt somit Verjährung erst ein, wenn dem letzten Feststellungsbeteiligten der unrichtige Folgebescheid bekanntgegeben worden ist (Ebner in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 376 AO Rz. 32; Heerspink in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 376 AO Rz. 74 [April 2021]; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 376 AO Rz. 57 [August 2018]; krit. Asholt in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2020, § 376 AO Rz. 40).
  • Bei der versuchten Steuerhinterziehung beginnt die Verjährung in konsequenter Anwendung des § 78a S. l i.V.m. § 369 Abs. 2 AO mit der Beendigung des Versuchs. Dies ist in den Fällen der aktiven Abgabe einer unrichtigen Erklärung der Zeitpunkt, zu welchem der Täter alle Handlungen ausgeführt hat, die nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich schienen und die er somit vornehmen wollte (Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 78a Rz. 7; Ebner in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 376 AO Rz. 54). In den Unterlassungsfällen beginnt der Versuch mit dem Ablauf der maßgeblichen Steuererklärungsfrist (§§ 149, 150 AO). Gleichzeitig ist der Versuch voll- und beendet (Asholt in...

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