Leitsatz

Verpfändet ein an einem Darlehensverhältnis nicht beteiligter Dritter einen GmbH-Anteil zur Sicherung des Darlehens, so kann die Vergütung, die der Dritte dafür erhält, entweder zu Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 1. Halbs. EStG oder zu Einkünften aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG führen.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 Satz 1 1. Halbs., Nr. 3 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger stellte einer AG (Darlehensnehmerin) eine Kreditsicherheit zur Verfügung, indem er einen ihm gehörenden Geschäftsanteil an einer GmbH zugunsten des Darlehensgebers verpfändete. Dafür vereinnahmte er im Streitjahr von der AG ein Entgelt (eine Zahlung). Das FA berücksichtigte die Vergütung bei den Einkünften aus Leistungen. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Nürnberg, Urteil vom 18.7.2013, 6 K 612/12, Haufe-Index 5500623, EFG 2013, 1842). Dagegen wandte der Kläger ein, bei der Verpfändung eines GmbH-Geschäftsanteils handele es sich um einen veräußerungsähnlichen Vorgang. Bei Verwertung des Pfandes hätte er die Substanz nicht zurückerhalten.

 

Entscheidung

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Der Kläger habe weder das Eigentum an den Anteilen übertragen noch deren Substanz endgültig aufgegeben, sondern mit der Rückgabe des Pfandes gerechnet. Da aber die Rückgabe der Sicherheit von der Darlehenstilgung abhing, auf die der Kläger keinen Einfluss hatte, war der Vertrag über die Gestellung der Sicherheit nicht von vornherein auf einen kurzen Zeitraum begrenzt. Bei vereinbarter jährlicher Zahlweise des Entgelts hätten sich daraus durchaus auch wiederkehrende Zahlungen ergeben können. Das FG muss deshalb noch einmal prüfen, ob wiederkehrende Bezüge oder Einkünfte aus Leistungen anzunehmen sind.

 

Hinweis

Das Wichtigste vorab: Die Aussagen des Urteils sind wohl nicht ohne Weiteres auf andere Fallgestaltungen übertragbar. Eindeutig nicht übertragbar sind sie auf das übliche Zwei-Personen-Verhältnis, in dem der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die geforderte Sicherheit aus seinem eigenen Vermögen zur Verfügung stellt. Zwar wird die Hingabe der Sicherheit in wirtschaftlicher Hinsicht dann möglicherweise durch einen niedrigeren Darlehenszins entgolten. Dieser "eingepreiste" Vorteil führt jedoch weder zu wiederkehrenden Bezügen noch zu Einkünften aus Leistung. Das Urteil gilt ganz explizit nur für die vom BFH so bezeichnete "Dreieckskonstellation".

Wie häufig im Bereich der sonstigen Einkünfte (aus wiederkehrenden Bezügen oder aus Leistungen) sind die Grenzen der Steuerbarkeit schwer zu bestimmen. Die Rechtsprechung agiert hier eher vorsichtig und hält sich tunlichst mit abstrakten Aussagen zurück. So auch im Besprechungsfall:

1. Wiederkehrende Bezüge (§ 22 Nr. 1 Satz 1 1. Halbs. EStG) setzen einen einheitlichen Entschluss oder Rechtsgrund, eine gewisse Regelmäßigkeit, jedoch keine Mindestdauer voraus. Ein einziger Bezug reicht nicht. Es genügt auch nicht, wenn eine Leistung in Form wiederkehrender Zahlungen zu erbringen ist. Wiederkehrende Bezüge ersetzen regelmäßig andere steuerbare Einnahmen. Die bloße Umschichtung von Vermögen wird nicht ­erfasst.

2. Leistung (§ 22 Nr. 3 EStG) ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im Privatbereich (d.h. auf der Vermögensebene) betrifft, Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Dauer und Häufigkeit des Vorgangs sind ohne Bedeutung. Erfasst wird nicht nur einmaliges, sondern auch auf Wiederholung angelegtes, regelmäßiges oder sogar dauerhaftes Verhalten. Es genügt, dass der Steuerpflichtige die Gegenleistung durch sein Verhalten "ausgelöst" hat; ein Synallagma ist nicht erforderlich.

3. Nach der Rechtsprechung sind Bürgschaftsprovisionen wiederkehrende Bezüge, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit zufließen. Dagegen handelt es sich um Leistungen, wenn sie nur einmal gezahlt werden.

4. Vor diesem Hintergrund hat der BFH die Einordnung der Zahlungen im Streitfall offengelassen und die Sache deshalb an das FG zurückverwiesen. Kein Zweifel besteht allerdings daran, dass der BFH die Steuerbarkeit (insoweit auf wahldeutiger Grundlage) dem Grunde nach bejaht, denn sonst hätte er der Klage stattgeben müssen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.4.2015 – IX R 35/13

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge