Leitsatz

1. Unter "Verfolgung wirtschaftlicher Interessen" bei Abtretung eines Kaufangebots durch den Benennungsberechtigten ist die Möglichkeit zu verstehen, bei der Weitergabe des Grundstücks unter Ausnutzung der Rechtsstellung als Benennungsberechtigter wirtschaftliche Vorteile aus dem Handel mit einem Grundstück zu ziehen. Liegt der Vorteil in der Ausübung der sonst dem Veräußerer gegebenen Möglichkeit, den jeweiligen benannten Angebotsempfänger und Annehmenden zum Abschluss weiterer Verträge zu bestimmen, setzt die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 GrEStG voraus, dass der Bennennungsberechtigte – verdeckt – an den neuen Verträgen "verdient" und dadurch zu seinem Vorteil an der Verwertung des Grundstücks teilhat.

2. Sofern sich das Interesse des Benennungsberechtigten oder der mit ihm verbundenen Bank darauf beschränkt, Forderungen auf Rückzahlung der Kreditbeträge aus bestehenden Darlehensverträgen mit dem Grundstückseigentümer zu realisieren, liegt kein die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 GrEStG begründendes Interesse vor.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 GrEStG

 

Sachverhalt

Der Grundstückseigentümer bot in notariell beurkundeter Form der Klägerin, einer KG, bei der es sich um die Grundstücksverwertungsgesellschaft einer Bank handelt, oder einem von der Klägerin zu benennenden Dritten den Abschluss eines Kaufvertrags über ein Grundstück an, das mit Grundschulden zur Sicherung von Darlehen der Bank belastet war.

Nachdem die von der Klägerin benannten Erwerber das Angebot angenommen hatten, setzte das FA gegen die Klägerin – gestützt auf § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG – eine Grunderwerbsteuer fest. Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab, da die Klägerin im wirtschaftlichen Interesse der Bank gehandelt habe, der ein höherer Verkaufserlös durch Vermeidung der Zwangsvollstreckung zugute gekommen sei.

Mit der Revision machte die Klägerin dagegen geltend, der höhere Verkaufserlös habe vorrangig dem Interesse des insolventen Grundstückseigentümers gedient. Die damit einhergehende höhere Schuldentilgung gegenüber der Bank stelle lediglich einen Reflex dar. Außerdem sei sie, die Klägerin, im Hinblick auf die Ausübung des Benennungsrechts gegenüber der Bank vertraglich nicht gebunden gewesen. Als Kommanditistin habe die Bank die Ausübung des Benennungsrechts auch nicht beeinflussen können.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Er ließ offen, ob § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 GrEStG in Betracht zu ziehen sei. Fest stehe jedenfalls, dass einer der beiden Tatbestände nach dem Wortlaut der Vorschriften erfüllt sei. Zweifelhaft sei aber, ob auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal gegeben sei, wonach der Benennungsberechtigte das Kaufangebot zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen verwerten müsse. Eine Verwertung im eigenen wirtschaftlichen Interesse liege auch vor, wenn er das wirtschaftliche Interesse eines Dritten wahrnehme, sofern er diesem gegenüber hinsichtlich der Ausübung des Benennungsrechts vertraglich gebunden sei.

Eine Verfolgung wirtschaftlicher Interessen liege vor, wenn der Benennungsberechtigte wirtschaftliche Vorteile aus dem Handel mit dem Grundstück ziehe, wobei es nicht ausreiche, dass (vergleichbar einem Makler) lediglich eine Vermittlungsprovision erzielt werde. Vielmehr müsse der Benennungsberechtigte wie ein Eigentümer oder Zwischenhändler Vorteile aus der Weitergabe des Grundstücks ziehen.

Ob im Streitfall dieses ungeschriebene Tatbestandsmerkmal erfüllt sei, lasse sich ohne weitere Feststellungen nicht beurteilen. Der bloße Hinweis des FG auf das Interesse der Bank an einem möglichst hohen Kaufpreis genüge nicht. Da die Bank Dritte sei, müsse zunächst festgestellt werden, ob die Klägerin der Bank gegenüber hinsichtlich der Ausübung des Benennungsrechts vertraglich gebunden gewesen sei: Auch genüge das bloße Interesse der Bank als darlehensgebende Grundschuldgläubigerin daran, befriedigt zu werden, nicht. Sie müsste vielmehr ein weitergehendes Interesse an einem hohen Kaufpreis gehabt haben, das etwa darin bestanden haben könnte, dass ihr ein etwaiger Spitzenbetrag zufließen sollte. Derartiges könnte sich beispielsweise aus der Kreditabrechnung der Bank mit dem Schuldner/Veräußerer ergeben.

 

Hinweis

Bei Anwendung der Erwerbstatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und 7 GrEStG bereitet das von der Rechtsprechung entwickelte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des "eigenen wirtschaftlichen Interesses", das der Benennungsberechtigte an der Veräußerung des Grundstücks haben muss, in der Praxis Schwierigkeiten. Sofern es sich dabei um ein seine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse betreffendes Interesse handeln soll, ist wichtig, sich klar zu machen, dass ein bloßes Provisionsinteresse nicht ausreicht. Denn dann ähnelt der Benennungsberechtigte einem Makler; die Vermittlungstätigkeit gegen Entgelt unterliegt aber nicht der Grunderwerbsteuer. Auch ein Interesse des Benennungsberechtigten an der Befriedigung seiner auf dem zu veräußernden Grundstück ...

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