Mit § 89a AO wird erstmals eine gesetzliche Rechtsgrundlage für Vorabverständigungsverfahren eingeführt. Die Regelung übernimmt die bisherige Verwaltungspraxis, ist allerdings für Vorabverständigungsverfahren nicht mehr nur auf die grenzüberschreitende Gewinnabgrenzung zwischen nahestehenden Personen und Gewinnzuordnung zu Betriebsstätten beschränkt, sondern wurde auf andere grenzüberschreitende Nicht-Verrechnungspreissachverhalte ausgeweitet.

Beraterhinweis Ein Vorabverständigungsverfahren kann auf Antrag eingeleitet werden (§ 89a Abs. 1 S. 1 AO), wenn es um einen Sachverhalt geht, dem ein DBA zwischen Deutschland und einem anderen Staat zugrunde liegt. Außerdem muss es um die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalten für einen bestimmten Geltungszeitraum gehen.

Es muss die Gefahr einer Doppelbesteuerung bestehen, die durch das Vorabverständigungsverfahren vermieden werden kann (§ 89a Abs. 1 S. 2 AO). Außerdem bedarf es einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass mit dem anderen Vertragsstaat eine übereinstimmende Abkommensauslegung erreicht werden kann. Zuständige Behörde ist gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 FVG das BZSt.

Das Verfahren wird nur eingeleitet, wenn eine unanfechtbar gewordene Gebührenfestsetzung vorliegt und die Gebühr entrichtet wurde. Betrifft ein Sachverhalt mehrere Abkommensberechtigte, für die der Sachverhalt nur einheitlich steuerlich beurteilt werden kann, kann das Vorabverständigungsverfahren nur gemeinsam beantragt werden. Bei multilateralen Sachverhalten kann der Antragsteller zudem einen zusammengefassten Antrag auf Einleitung mehrerer Vorabverständigungsverfahren stellen.

§ 89a Abs. 2 AO regelt die formalen Anforderungen des Antrags auf Einleitung des Vorabverständigungsverfahrens. Dem Antrag ist zudem eine Erklärung beizufügen, ob über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt

  • eine verbindliche Auskunft nach § 89 AO,
  • eine verbindliche Zusage nach § 204 AO,
  • eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG oder
  • eine vergleichbare Auskunft oder Zusage in einem anderen Staat

beantragt wurde oder vorliegt.

Nach § 89a Abs. 3 AO ist die Unterzeichnung der Vorabverständigungsvereinbarung durch die zuständige Behörde an das Vorliegen bestimmter Bedingungen geknüpft. § 89a Abs. 3 S. 1 AO fordert die Zustimmung und der Rechtsbehelfsverzicht seitens des Antragstellers. Nach der Unterzeichnung hat die zuständige Behörde dem Antragsteller den Inhalt der Vorabverständigungsvereinbarung mitzuteilen und setzt ihm eine Frist, die darin enthaltenen Bedingungen zu erfüllen. Beachten Sie: Kommt der Antragsteller dem nicht fristgemäß nach, scheitert das Verfahren.

Das Vorabverständigungsverfahren scheitert auch, wenn keine Vorabverständigungsvereinbarung unterzeichnet wird, z.B. wenn die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats ein Verfahren nicht eingeleitet hat oder die zuständigen Behörden zu keiner übereinstimmenden Abkommensauslegung gelangen.

Die örtlich zuständige Finanzbehörde ist an die unterzeichnete Vorabverständigungsvereinbarung nicht gebunden (§ 89a Abs. 4 AO), wenn:

  • die in der Vorabverständigungsvereinbarung enthaltenen Bedingungen nicht oder nicht mehr erfüllt werden,
  • der andere beteiligte Vertragsstaat die Vorabverständigungsvereinbarung nicht einhält oder
  • die Rechtsvorschriften, auf denen die Vorabverständigungsvereinbarung beruht, aufgehoben oder geändert werden.

Beachten Sie: Die Bindungswirkung der Vorabverständigungsvereinbarung entfällt in dem Zeitpunkt, in dem eine der genannten Voraussetzungen vorliegt, d.h. dann darf die örtlich zuständige Finanzbehörde keine Bescheide mehr erlassen, die auf der Vorabverständigungsvereinbarung beruhen.

Vorabverständigungsvereinbarung bei Vorliegen einer verbindlichen Auskunft oder einer verbindliche Zusage: Ist zu dem zu würdigenden Sachverhalt bereits eine verbindliche Auskunft, eine verbindliche Zusage oder eine Anrufungsauskunft erteilt worden, verhindert dies nicht grundsätzlich die Einleitung eines Vorabverständigungsverfahrens. In diesen Fällen soll das BZSt in Kenntnis der erteilten verbindlichen Auskunft, verbindlichen Zusage oder Anrufungsauskunft im Einvernehmen mit der nach § 131 Abs. 4 AO örtlich zuständigen Finanzbehörde darüber entscheiden, ob daneben die Einleitung eines Vorabverständigungsverfahrens zweckmäßig ist oder ob ggf. die verbindliche Auskunft oder Zusage oder die Anrufungsauskunft zu widerrufen ist.

Beachten Sie: Erlangt das BZSt Kenntnis davon, dass bei Antragstellung eine bereits erteilte verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage nicht angegeben wurde und steht diese in Widerspruch zu der Vorabverständigungsvereinbarung, kann – sofern dies zweckmäßig erscheint – auch die Bindungswirkung der Vorabverständigungsvereinbarung aufgehoben werden, statt die verbindliche Auskunft oder die verbindliche Zusage zu widerrufen (§ 89a Abs. 5 S. 2 AO).

Verlängerung der Vorabverständigungsvereinbarung: Eine unterzeichnete Vorabverständigungsvereinbarung kann vom BZSt au...

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