Leitsatz

Wird ein Kaufvertrag über ein Grundstück zwischen einer GbR und einer nahezu personenidentischen GmbH nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt, weil der sofort fällige Kaufpreis nicht von der GmbH entrichtet, sondern in ein Darlehen umgewidmet wird, das einem Fremdvergleich nicht Stand hält, so führt die Kaufpreiszahlung unabhängig von ihrer Angemessenheit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

 

Sachverhalt

Eine aus drei Gesellschaftern bestehende GbR erwarb im Mai 1993 ein Grundstück mit einem Rohbau für 44.000 DM. Im Dezember 1995 veräußerte sie Grundstück und Gebäude entsprechend einem Sachverständigengutachten für 240.000 DM an eine nahezu gesellschafter- und beteiligungsidentische GmbH. Die daraus resultierende Kaufpreisforderung wurde in drei den Beteiligungsquoten an der GbR entsprechende verzinsliche, aber unbesicherte Darlehen mit einer Laufzeit von drei Jahren umgewandelt. Ab 1998 wurden die Zinszahlungen eingestellt. Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte der Bausachverständige des Finanzamts einen Grundstückswert von 135.170 DM fest. Das Finanzamt behandelte darauf die Differenz zum Kaufpreis von 104.830 DM als verdeckte Gewinnausschüttung. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Das FG geht davon aus, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht nur im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter, sondern auch zu einer Gruppe von Minderheitsgesellschaftern mit gleichgerichteten Interessen vorliegen kann, wenn die GmbH mit ihren Gesellschaftern Verträge zu Bedingungen schließt, die einem Fremdvergleich nicht Stand halten. Letzteres trifft auf den zivilrechtlich wirksamen Kaufvertrag über das Grundstück zu, weil dieser mangels Kaufpreiszahlung nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt wurde. Der Kaufpreis von 240.000 DM stellt daher ungeachtet der Angemessenheit insgesamt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.

Laut Kaufvertrag war der Kaufpreis innerhalb von 14 Tagen nach Mitteilung des Notars über bestimmte formelle Voraussetzungen fällig. Die Kaufpreisschuld wurde jedoch nicht bezahlt oder überwiesen, sondern in Darlehen umgewandelt. Eine solche Novation ist zivilrechtlich möglich und wird auch steuerlich anerkannt, wenn die daraus resultierenden Darlehen steuerlich anzuerkennen sind. Andernfalls könnten verdeckte Gewinnausschüttungen durch Novationen umgangen werden.

Die Anerkennung von Darlehen zwischen Gesellschaftern und GmbH setzt voraus, dass der entsprechende Vertrag im Voraus vereinbart und tatsächlich durchgeführt wird sowie einem Fremdvergleich Stand hält. Die Fremdüblichkeit von Darlehen ist in Form einer Gesamtbetrachtung anhand der Vereinbarungen über die Laufzeit, Tilgung, Verzinsung und Besicherung zu beurteilen. Im Urteilsfall fehlt eine bei drei Jahre laufenden Darlehen nach Ansicht des FG gebotene Besicherung, die ein fremder Dritter angesichts der Größenordnung gefordert hätte. Letzteres wird dadurch bestätigt, dass die GmbH während der Laufzeit in Liquiditätsschwierigkeiten geraten ist. Diese waren auch dafür ausschlaggebend, dass die Darlehensgeber Anfang 1998 im Voraus auf ihre Zinsansprüche verzichtet haben, statt - wie ein fremder Dritter - zunächst eine Stundung zu vereinbaren und die wirtschaftliche Entwicklung abzuwarten. Gleiches gilt für die Zinsen für die Folgejahre. Ein fremder Dritter hätte die Laufzeit des Darlehens auch nicht - wie die Gesellschafter - angesichts der Liquiditätsprobleme der GmbH auf unbestimmte Zeit verlängert, sondern eine Besicherung verlangt bzw. das Darlehen zurückgefordert.

Diese Abweichungen von dem unter Fremden Üblichen indizieren eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Darlehen. Dass dabei zugunsten der GmbH abgewichen wurde, spielt für die Annahme der verdeckten Gewinnausschüttung keine Rolle.

 

Hinweis

Im Streitfall hatte offenbar die Höhe des Kaufpreises das Finanzamt aufmerksam gemacht. Dafür spricht, dass das Finanzamt nicht den gesamten Kaufpreis als verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt hat, sondern nur die Differenz zwischen den Ergebnissen der Gutachten; somit kann davon ausgegangen werden, dass das Finanzamt den Kaufvertrag trotz Novation der Kaufpreisschuld anerkannt hat. Entsprechend muss auch angenommen werden, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nur in Höhe von 104.830 DM angesetzt wurde - dem Ansatz von 240.000 DM steht das Verböserungsverbot im FG-Verfahren entgegen.

Die Entscheidung zeigt das Dilemma, dem GmbH-Gesellschafter bei Immobiliengeschäften mit der GmbH ausgesetzt sind, wollen sie - zwangsläufig zu verdeckten Gewinnausschüttungen führende - Über- oder Unterpreiskäufe verhindern. Denn selbst für den Fall, dass ein zutreffendes Sachverständigengutachten vorliegt, sind Finanzverwaltung und -gerichte daran nicht gebunden. Ein Teil der Finanzgerichte lehnt Sachverständigengutachten grundsätzlich ab, andere akzeptieren sie zumindest als Orientierungsmaßstab. So hat das FG Berlin (FG Berlin, Urteil v. 11.11.2003, 7 K 7072/02) jüngst im umgekehrten, aber entsprechend übertragbaren Fall eine...

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