Die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft tritt nur dann ein, wenn der verwirklichte Sachverhalt mit dem bei der Antragstellung vorgetragenen Sachverhalt übereinstimmt. Kleinere, aus dem Sachzusammenhang erforderliche und für die Gesamtbeurteilung unwesentliche Korrekturen sind unschädlich. Beachten Sie: Hat das FA eine für den Steuerpflichtigen negative Auskunft erteilt und stellt es später fest, dass diese Auskunft unzutreffend war, tritt nach § 2 Abs. 1 StAuskV keine Bindungswirkung ein. In diesem Fall hat es bei der Veranlagung die zutreffende und für den Steuerpflichtigen günstigere Entscheidung zu treffen.

Nachfolgende Festsetzungen: Die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft erstreckt sich auf die erstmalige Steuerfestsetzung und spätere Änderungen und schließt auch eine mögliche Gesamtrechtsnachfolge ein. Bei einer Einzelrechtsnachfolge erlischt die Bindungswirkung allerdings bzw. ist von vornherein nicht gegeben, wenn der zu beurteilende Sachverhalt nicht vom Antragsteller, sondern durch einen Dritten verwirklicht wird.

Dauersachverhalt: Betrifft die Auskunft einen Dauersachverhalt und ergibt sich eine zeitliche Begrenzung weder aus dem Antrag des Steuerpflichtigen noch aus dem Bescheid des FA, so verliert sie ihre Wirksamkeit mit dem Ende des Veranlagungszeitraums, in dem dem Steuerpflichtigen ein entsprechender Widerruf zugeht oder in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, geändert werden. Das Gleiche gilt dann, wenn der Steuerpflichtige den Dauersachverhalt in einer Weise verändert, dass er mit dem der verbindlichen Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht mehr übereinstimmt. Beachten Sie: In diesen Fällen entfällt die Bindungswirkung allerdings ohne ein besonderes Tätigwerden der Verwaltung mit dem Zeitpunkt der Sachverhaltsänderung.

Beraterhinweis Das FA kann eine Auskunft unter den Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 AO korrigieren. Eine rückwirkende Aufhebung kommt dann in Betracht, wenn sie durch unlautere Mittel wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn die Rechtwidrigkeit der Auskunft dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Hier ist zu beachten, dass der Begriff "Täuschung" durch den BFH recht großzügig zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgelegt wird (BFH v. 28.3.2018 – I R 10/17, BFH/NV 2018, 1073 = AO-StB 2018, 306 [Knittel]).

Widerruf: Darüber hinaus kann eine materiell-rechtlich unzutreffende Auskunft auch mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Dies betrifft nicht nur die Fälle, in denen die Auskunft von vornherein falsch war. Ein Widerruf kommt insb. dann in Betracht. wenn sich die steuerrechtliche Beurteilung des der verbindlichen Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder Verwaltung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert hat. Ändern sich hingegen die Rechtsvorschriften zum Nachteil des Steuerpflichtigen, verliert die Auskunft ohne Zutun der Behörde ihre Bindungswirkung.

Beraterhinweis Eine verbindliche Zusage entfaltet seine Bindungswirkung nur zugunsten, nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen. Betrifft sie eine einheitliche und gesonderte Feststellung, so können sich die anfechtungsberechtigten Feststellungsbeteiligten grundsätzlich nur einvernehmlich auf sie berufen. Geschieht dies nicht, so entfällt die Bindungswirkung auch dann, wenn sich einzelne Feststellungsbeteiligte unter Verstoß gegen ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht von ihr lösen (BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37)

Billigkeitsmaßnahme: Im Einzelfall kann es aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) gerechtfertigt sein, von einem Widerruf der verbindlichen Auskunft abzusehen oder die Wirkung des Widerrufs zu einem späteren Zeitpunkt eintreten zu lassen. Eine solche Billigkeitsmaßnahme kommt in Betracht, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw. nur unter beträchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Auskunft getroffenen Dispositionen lösen kann.

Eine verbindliche Auskunft ist nichtig und damit nicht bindend, wenn sie klar dem Gesetz widerspricht. Dies ist aber nur bei Auskünften der Fall, die in einer solchen Weise offensichtlich rechtswidrig sind, dass ein Steuerpflichtiger die Rechtswidrigkeit entweder erkennt oder eindeutig erkennen kann (BFH v. 16.7.2002 – IX R 28/98, BStBl. II 2002, 714 = AO-StB 2002, 365 [Stöcker]). Beachten Sie: Die Rechtsprechung stellt entscheidend auf die Frage nach der Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit ab. Daraus wiederum folgt, dass lediglich rechtlich fehlerhafte Beurteilungen keinen Einfluss auf die Bindungswirkung der Auskunft haben (BFH v. 5.12.1995 – VIII R 10/91, BStBl. II 1996, 281).

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