BMF, 24.4.2003, IV B 7 - S 7300 - 15/03/IV B 7 - S 7316 - 1/03

Zu der Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes – EuGH – (Urteile vom 8.6.2000, Rs C-396/98, BStBl 2003 II S. … und C-400/98, BStBl 2003 II S. …) und des BFH (Urteile vom 22.2.2001, V R 77/96, BStBl 2003 II S. … , vom 8.3.2001, V R 24/98, BStBl 2003 II S. …, vom 22.3.2001, V R 46/00, BStBl 2003 II S. … , vom 17.5.2001, V R 38/00, BStBl 2003 II S. … und vom 25.4.2002, V R 58/00, BStBl 2003 II S. …) zu dem Vorsteuerabzug sowie der Änderung des § 15a UStG durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 20.12.2001 (BGBl 2001 I S. 3794, BStBl 2002 I S. 4) gilt unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

 

1. Vorsteuerabzug

 

1.1 Leistungsbezug und Verwendung

Die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UStG bezeichneten Vorsteuern können nicht abgezogen werden, wenn der Unternehmer bestimmte steuerfreie oder bestimmte nicht steuerbare Umsätze ausführt. Zu diesen Umsätzen gehören auch die entsprechenden unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug erstreckt sich nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG auf die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, die der Unternehmer zur Ausführung der dort bezeichneten Umsätze verwendet sowie auf die Steuer für sonstige Leistungen, die er für diese Umsätze in Anspruch nimmt. Der Begriff der Verwendung einer Lieferung oder sonstigen Leistung umfasst auch die Verwendungsabsicht. Das Recht auf Vorsteuerabzug des Unternehmers entsteht dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezuges. Im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 UStG kommt es entscheidend darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezuges die Absicht hat, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (BFH-Urteil vom 22.3.2001, a.a.O.). Bei jedem Leistungsbezug muss der Unternehmer über die beabsichtigte Verwendung der Leistung sofort entscheiden. Das gilt auch für jeden Leistungsbezug im Zeitraum der Herstellung eines Wirtschaftsgutes. Maßgeblich ist regelmäßig die erste Leistung oder die erste unentgeltliche Wertabgabe, in die die bezogene Leistung Eingang finden soll. Bei der Zurechnung sind grundsätzlich nur Umsätze zu berücksichtigen, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden sollen. Es reicht aus, dass der Unternehmer die Absicht hat, auf die Steuerfreiheit der Verwendungsumsätze zu verzichten (BFH-Urteil vom 8.3.2001, a.a.O.). Die Verwendungsabsicht muss objektiv belegt und in gutem Glauben erklärt werden. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bleibt auch dann bestehen, wenn es später nicht zu den beabsichtigten Verwendungsumsätzen kommt (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2001, a.a.O.). Bei Anzahlungen für Leistungen, die später nicht bezogen werden, ist die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt der Anzahlung maßgeblich (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2001, a.a.O.). Änderungen in der Verwendungsabsicht wirken sich nur auf nachfolgende Leistungsbezüge oder Anzahlungen und den sich daraus ergebenden Vorsteuerabzug aus. Eine Änderung der Verwendungsabsicht ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die geänderte Absicht tatsächlich umgesetzt wird. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass die ursprüngliche Absicht vollständig aufgegeben oder durch die neue überlagert wurde. Zum Vorsteuerabzug nach der Änderung der Verwendungsabsicht vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, a.a.O. Vor der erstmaligen Verwendung ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht vorzunehmen (siehe die Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ursprünglichen Vorsteuerabzuges zum Vorsteuervolumen insgesamt unter 2.1).

 

1.2 Belegung der Verwendungsabsicht

Die objektiven Anhaltspunkte (z.B. Mietverträge, Zeitungsinserate, Beauftragung eines Maklers, Schriftwechsel mit Interessenten, Vertriebskonzepte, Kalkulationsunterlagen), die die Verwendungsabsicht belegen, sind regelmäßig einzelfallbezogen zu betrachten. Dabei ist das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend; Behauptungen reichen nicht aus. Es sind vielmehr konkrete Nachweise erforderlich, die einem strengen Prüfungsmaßstab unterliegen. Dabei gehen Unklarheiten zu Lasten des Unternehmers.

Sind Leistungen bezogen worden, deren tatsächliche Verwendung ungewiss ist, weil die Verwendungsabsicht nicht durch objektive Anhaltspunkte belegt wird, scheidet der Vorsteuerabzug aus. Für den Vorsteuerabzug sind ausschließlich die Erkenntnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezuges zu Grunde zu legen. Spätere Erkenntnisse über den Leistungsbezug wirken sich auf die ursprüngliche Entscheidung nicht aus. Ein zunächst vorgenommener Vorsteuerabzug ist deshalb nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 173 Abs. 1 AO durch Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung rückgängig zu machen, wenn später festgestellt wird, dass objektive Anhaltspunkte für die erklärte Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezuges nic...

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