OFD Hannover, Verfügung v. 7.4.2004, S 7227 - 27 - StH 443/S 7227 - 15 - StO 354

 

1. Abgebrochene Hörgeräteversorgung

(s. auch OFD Magdeburg vom 2.9.1997, S 7100 – 55 – St 244).

Die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker Mainz hat mit verschiedenen Krankenkassen Verträge über die Lieferung und Reparatur von Hörgeräten und Zubehör getroffen. Die erstmalige Ausstattung von Versicherten mit Hörgeräten einschließlich Zubehör kann aus verschiedenen Gründen abgebrochen werden (z.B. durch den Tod des Versicherten während der Anpassung, aber auch wegen Bedienungsproblemen oder unzureichendem Heilungserfolg).

In derartigen Fällen erhalten die Hörgeräteakustiker wegen Nichtabnahme bzw. Rückgabe des Geräts eine Anpasspauschale zuzüglich Erstattung der Sachkosten für das Ohrpassstück (Otoplastik).

Unabhängig davon, ob bei Abbruch der Hörgeräteanpassung wegen des Todes des Versicherten aus umsatzsteuerlicher Sicht eine Lieferung mangels Verschaffung der Verfügungsmacht nicht zu Stande kommt oder ob bei Rückgaben aus anderen Gründen von einer Rückgängigmachung der Lieferung (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG) auszugehen ist, gilt für die umsatzsteuerliche Beurteilung der dem Hörgeräteakustiker verbleibenden Beträge Folgendes:

  1. Die Anpasspauschale stellt eine Anzahlung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG) auf eine spätere Lieferung dar. Der Steuersatz hängt von der künftigen Leistung ab. Die Anzahlung unterliegt deshalb im Zeitpunkt der Vereinnahmung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 52d der Anlage dem ermäßigten Steuersatz.
  2. Die Erstattung der Sachkosten für die nicht wieder verwendbare Otoplastik stellt als Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung echten, nicht umsatzsteuerbaren Schadensersatz dar.
 

2. Reparaturpauschalen bei der Lieferung von Hörgeräten

(MF-Erlasse vom 18.5.2000, 6.4.2001, 20.9.2001 und 24.3.2004, S 7227 – 9 – 32).

Die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker hat u.a. mit AOK-Landesverbänden Verträge über die pauschale Abgeltung von Reparaturleistungen für Hörgeräte und Otoplastiken geschlossen. Danach kann bei der Lieferung von Hörgeräten die pauschale Abgeltung von Reparaturleistungen gesondert vereinbart werden.

Da der Vertrag sich ausschließlich auf Reparaturleistungen bezieht und für den Kauf der Geräte andere vertragliche Vereinbarungen gelten, handelt es sich bei der Reparaturpauschale um eine Vorauszahlung für eine selbständige Leistung des Hörgeräteakustikers (Reparaturleistung). Auf diese Leistung ist der volle Steuersatz von derzeit 16 % anzuwenden.

Die vom Hörgeräteakustiker für die Dauer von mehreren Jahren übernommenen Wartungs- und Reparaturarbeiten auf Basis einer einmaligen pauschalen Vergütung stellen auch kein selbstständiges Garantieversprechen dar, welches nach § 4 Nr. 8 Buchst. G UStG umsatzsteuerfrei ist.

Die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker hat mit dem Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband (AEV) in Rahmenverträgen so genannte Versorgungspauschalen vereinbart. Diese umfasst die Lieferung von Hörgeräten und die Reparaturleistung. Der Gesamterlös unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz. Die Reparaturleistungen und die Lieferung greifen nicht so ineinander, dass eine einheitliche Leistung entsteht. Dass die einzelnen Leistungen auf einem einheitlichen Rahmenvertrag beruhen und für sie ein Gesamtentgelt entrichtet wird, reicht noch nicht aus, sie umsatzsteuerlich als Einheit zu behandeln (Abschn. 29 Abs. 2 UStR).

Die Versorgungspauschale ist deshalb in einen Teilbetrag für die Lieferung des Hörgerätes (ermäßigter Steuersatz) und in einen solchen für die zu erbringende Reparaturleistung (Allgemeiner Steuersatz) aufzuteilen.

 

3. Austausch der Otoplastik

Der Austausch (Ersatz) der Otoplastik ist eine (Reparatur-)Leistung des Hörgerätes, das ansonsten nicht mehr voll funktionsfähig wäre. Diese sonstige Leistung ist nach § 12 Abs. 1 UStG mit dem vollen Steuersatz von derzeit 16 % zu besteuern.

Im Übrigen wäre auch bei Vorliegen einer Lieferung der volle Steuersatz anzuwenden, da eine Lieferung von Prothesenteilen bzw. Zubehör in der Anlage zum UStG ausdrücklich von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausgenommen ist. Diese Differenzierung findet sich bei allen in Nummer 52 der Anlage zum UStG genannten Gegenständen.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2

UStG § 4 Nr. 8 Buchst. b

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