Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Darf der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, der einen Teil seines Betriebs (die gesamte Milchviehwirtschaft) aufgibt und die dazu erforderlichen Wirtschaftsgüter an einen anderen Landwirt verpachtet und der auch nach Verpachtung weiterhin in nicht geringfügigem Umfang als Landwirt tätig ist, die Verpachtungsumsätze – wie seine übrigen Umsätze – nach der Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger (Art. 25 der 6. EG-RL) behandeln oder unterliegen die Verpachtungsumsätze der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften?

 

Normenkette

§ 24 UStG , Art. 25 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger war Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs mit für Bullenmast, Schlachtvieh- und Milchviehwirtschaft entsprechenden Wirtschaftsgebäuden sowie entsprechender Milch-Referenzmenge (Milchquote). Er verpachtete die der Milcherzeugung dienenden Grundstücke und Gebäude, das Milchvieh sowie die Milchquote an seinen Sohn. Mit den restlichen 2/3 der Grundstücke und Gebäude setzte der Kläger die Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Bullenmast und Aufzucht von Rindern) fort.

Der Kläger war der Auffassung, das Pachtentgelt unterliege der Besteuerung nach Durchschnittsätzen gem. § 24 UStG. Das FA ließ aber die Verpachtung des Grund und Bodens sowie des Milchviehstalls, soweit der Pachtzins nicht auf Betriebsvorrichtungen entfalle, nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerfrei. Der Pachtzins für Milchquote und Betriebsvorrichtungen jedoch unterliege dem Regelsteuersatz. Das FG (EFG 2001, 603) gab dem Kläger Recht. Das BMF ist der Revision des FA beigetreten.

 

Entscheidung

Für das FG spricht, dass die Milchquote und die Milchkühe zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers gehörten und eine "Betriebsaufspaltung" in einen landwirtschaftlichen Betrieb, für den weiterhin die Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger gilt, und einen der Regelbesteuerung unterliegenden Unternehmensteil (Verpachtung) dem Vereinfachungsgedanken des Art. 25 der 6. EG-RL nicht entspräche.

Der BFH legte die im Leitsatz wiedergegebene Frage dem EuGH vor. Beachten Sie, dass nach der Entscheidung auch die Nichtbesteuerung der Pachtentgelte in Betracht zu ziehen ist. Halten Sie entsprechende Fälle auch dann offen, wenn das FA die Pauschalbesteuerung angewendet hat.

 

Hinweis

Für landwirtschaftliche Umsätze gilt die Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG. Durch diese Regelung gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat. Gleichwohl darf der Landwirt die Umsatzsteuer seinem Vertragspartner in Rechnung stellen; wenn die Abwälzung auf den Rechnungsempfänger gelingt, erhöht sie also seine Einnahmen.

Verpachtet ein Landwirt seinen ganzen landwirtschaftlichen Betrieb und erschöpft sich dessen unternehmerische Betätigung im Bereich der Landwirtschaft in dieser Verpachtung, liegt keine Landwirtschaft i.S.d. § 24 UStG mehr vor. Die Verpachtung einzelner landwirtschaftlicher Flächen durch einen Landwirt im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs kann dagegen der Durchschnittsatzbesteuerung unterliegen (Ausnahme: Verpachtung von Rechten, die dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zuzurechnen sind, z.B. Verpachtung des Eigenjagdbezirks).

Beachten Sie, dass nach Auffassung des BFH im Vorlagebeschluss – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung und des Niedersächsischen FG, Urteil vom 7.9.2000, 5 K 215/98, EFG 2000, 1421, Revision V R 64/00 – die Pachtentgelte der Durchschnittsbesteuerung auch dann unterliegen, wenn der verpachtete Teil einen "lebensfähigen Betrieb" abgibt, solange der Landwirt mit dem jedenfalls nicht unerheblichen "Rest" landwirtschaftlich tätig ist.

§ 24 UStG "beruht" zwar auf Art. 25 der 6. EG-RL; Klärungsbedarf besteht aber in zwei Punkten:

Nach Art. 25 Abs. 1 der 6. EG-RL können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung nach diesem Artikel anwenden.

Als "landwirtschaftlicher Erzeuger" i.S. dieser Bestimmung gilt u.a. ein Steuerpflichtiger, der seine Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs – eines Betriebs, der in dem einzelnen Mitgliedstaat im Rahmen der in Anhang A genannten Erzeugertätigkeiten als solcher gilt – ausübt (Art. 25 Abs. 2 der 6. EG-RL). Fraglich ist, ob nach der 6. EG-RL ein Landwirt, der einen Teil seines Betriebs verpachtet (z.B. Milchkühe und Milchquote), auch insoweit noch als landwirtschaftlicher Erzeuger beurteilt werden darf.

Dafür spricht zwar der Vereinfachungsgedanke der Pauschalversteuerung; das ist jedoch nicht zweifelsfrei.

Wird die erste Frage bejaht, ist zweifelhaft, ob die Verpachtung nicht nur einzelner Grundstücke noch "landwirtschaftliche Dienstleistung" i.S.d. Art. 25 der 6. EG-RL ist, denn diese sind definiert in Anhang B als...

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