Leitsatz

Finanzämter sind nicht an die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht durch Sozialbehörden gebunden. Ein zu 24 % an einer GmbH beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer gilt steuerlich als Arbeitnehmer, auch wenn er alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit ist.

 

Sachverhalt

Strittig ist, ob einem Gesellschafter-Geschäftsführer von der GmbH gezahlte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind. Der Geschäftsführer war zu 24 % an der GmbH beteiligt, alleinvertretungsberechtigt, vom Selbstkontrahierungsverbot befreit, besonders sachkundig, weitgehend von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung unabhängig und mit einem Anspruch auf 50 % des GmbH-Gewinns ausgestattet. Zuständige Krankenkasse und LVA hatten ihn als sozialversicherungsfrei eingestuft.

 

Entscheidung

Das FG sah den Geschäftsführer steuerlich als Arbeitnehmer an und ließ die Beitragszahlungen steuerfrei. An die Beurteilung durch die Sozialbehörden besteht mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage keine Bindung für Finanzämter und -gerichte. Daher ist entscheidend, ob der Geschäftsführer steuerlich als Arbeitnehmer gilt. Das ist der Fall, weil er keinen beherrschenden Einfluss auf die GmbH hatte, Entscheidungen zu seinen Ungunsten somit nicht verhindern konnte. Dafür sprachen auch der Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer statt einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag und die Ausstattung mit einem Festgehalt nebst Gewinnanspruch, aber ohne Verlustbeteiligung. Alleinvertretungsrecht und Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot sind bedeutungslos, da die Mehrheitsgesellschafter diese Befugnisse jederzeit entziehen konnten. Gleiches gilt für die besondere Sachkunde des Geschäftsführers, da die Mehrheitsgesellschafter ohne Weiteres einen anderen qualifizierten Geschäftsführer bestellen konnten.

 

Hinweis

Das FG bewegt sich auf dünnem Eis. Ihm ist zwar zuzustimmen, dass es keine Rechtsgrundlage für eine Bindung der Finanzverwaltung an die Beurteilung durch Sozialbehörden besteht. Der BFH (Urteil v. 6.6.2002, VI R 178/97, BStBl 2003 II S. 34) hat aber explizit zur Arbeitnehmereigenschaft von Gesellschafter-Geschäftsführern ausgeführt, dass Rechtsakte anderer Verwaltungen von den Finanzämtern grundsätzlich respektiert werden müssen, sofern sie nicht offensichtlich rechtswidrig sind. Auch die Finanzverwaltung folgt dieser Auffassung (OFD Rheinland, Verfügung v. 16.1.2006, S 2333 - 1000 - St 2 unter 1.). Es bleibt abzuwarten, ob die zugelassene Revision einlegen wird.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.07.2008, 2 K 1957/03

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