Leitsatz

Bestimmen die Parteien eines Aktienkaufvertrags den im Jahr des Vertragsabschlusses zunächst nur vorläufig festgelegten Kaufpreis aufgrund eines erst im folgenden Jahr zu erstellenden Wertgutachtens und machen sie die Besitzübertragung von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig, geht das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen noch nicht mit Abschluss des Kaufvertrags auf den Erwerber über.

 

Normenkette

§ 39 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 155 Abs. 2, § 179 Abs. 1, § 182 Abs. 1 AO, § 10d, § 17 Abs. 1 EStG 1990

 

Sachverhalt

Der Sachverhalt ergibt sich z.T. schon aus Nr. 2, weil sonst die Lösung des BFH und Praxis-Hinweise nicht verständlich wären. Herr K machte aus dem Aktienverkauf im Jahr 1994 einen Verlust i.H.v. 23 Mio. DM geltend, mit denen er die Gewinnausschüttung von 23 Mio. DM ausglich. Das machten FA und FG aber nicht mit, weil die Aktien im Jahr 1994 noch Herrn K zugerechnet werden müssten.

Das war für K wirtschaftlich bedeutsam. Da seine Firmen zusammenbrachen, konnte er – sieht man die Verlustentstehung erst im Jahr 1995 – nur noch einen auf 10 Mio. DM beschränkten Verlustrücktrag geltend machen. Er verliert also 13 Mio. DM, die im steuerlichen Nirwana verbleiben.

 

Entscheidung

Der BFH folgte der Entscheidung des FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.06.2005, 1 K 1355/02, Haufe-Index 1492776, EFG 2006, 671) und wies die Revision zurück. Die Moral von der Geschichte: Richtig beraten hätte K die aufschiebende Bedingung sicherlich vermieden.

 

Hinweis

1. Viele unternehmerische Entscheidungen sind einzig und allein durch das Steuerrecht bestimmt. So etwa dann, wenn sie – wie hier – auf den betragsmäßig eingeschränkten Verlustrücktrag (im Streitjahr 1994 auf 10 Mio. DM) reagieren.

2. So wie in diesem Fall: Herr K erlangte 1994 aus einer Gewinnausschüttung einer von ihm beherrschten GmbH 23 Mio. DM. Ein günstiger Zeitpunkt für ihn, die zu erwartenden erheblichen Verluste aus einer anderen Beteiligung an einer AG zu realisieren. Was tut K? Noch im Dezember des gleichen Jahres veräußert er die AG-Anteile an eine von ihm beherrschte (andere) GmbH. Der Kaufpreis sollte vorläufig 2 Mio. betragen und sich endgültig erst aus einem im Mai 1995 zu erstellenden Wertgutachten ergeben. Verhängnisvoll: Die Übereignung der Inhaberaktien durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen die Bank stand ebenso wie der Besitzübergang unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des Kaufpreises.

3. Weil das Eigentum an den Aktien noch nicht 1994 übergegangen war, kam alles darauf an, ob die Erwerberin wenigstens das wirtschaftliche Eigentum bereits 1994 erlangte. Das wäre u.a. der Fall, wenn das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf den Erwerber übergegangen sind. Diese Voraussetzung lehnte das FG aufgrund einer Gesamtwürdigung und ihm folgend auch der BFH ab: Allein Herr K und nicht die GmbH trug das Risiko der Wertminderung. Darüber hinaus war nicht einmal der Besitz an den Aktien auf die GmbH übergegangen. Denn auch die den Besitzübergang ersetzende Abtretung des Herausgabeanspruchs war aufschiebend bedingt und die Bedingung erst im Jahr 1995 eingetreten.

4. Der Fall wäre jetzt schon zu Ende, hätte das FA Herrn K nicht im Jahr 1995 bestätigt, dass der Verlust dem Grund nach anzuerkennen sei. Deshalb musste der BFH noch Vertrauensschutzaspekte prüfen. Eine Zusage lag darin nicht, denn sie kann sich nur auf die Behandlung eines in Zukunft zu verwirklichenden Sachverhalts beziehen – und hier war die Disposition bereits 1994. Auch eine tatsächliche Verständigung lag nicht vor, weil sich die Aussage des FA nicht nur auf Sachverhaltsfragen bezieht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.07.2008, IX R 74/06

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