Leitsatz

1. Der bestimmungsgemäße Gebrauch von Kleidungsstücken (wie das Tragen, Waschen und Bügeln) ist keine ursprungsbegründende Bearbeitung der Bekleidung im Sinn des Abkommens EG-Polen.

2. Die Feststellung, der Ausführer habe für eine nach Polen exportierte Warensendung die Ursprungserklärung auf der Rechnung zu Unrecht abgegeben, ist nicht durch einen an den Ausführer gerichteten Verwaltungsakt zu treffen (Bestätigung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 21 Ursprungsprotokoll zum Europa-Abkommen EG-Polen; § 41 FGO

 

Sachverhalt

1998 und 1999 waren gebrauchte Kleidungsstücke nach Polen ausgeführt worden. Sie stammten aus Textilsammlungen (Straßen-, Haus- und Containersammlungen) und waren als wieder verwertbar aussortiert worden. Der Ausführer erklärte, sie hätten Gemeinschaftsursprung.

Eine spätere durch ein Nachprüfungsersuchen der polnischen Zollverwaltung veranlasste Prüfung führte jedoch zu dem Ergebnis, dass der Gemeinschaftsursprung der Kleidungsstücke nicht nachgewiesen werden konnte.

Das HZA stellte daraufhin mit Bescheid die Unrichtigkeit der seitens der Klägerin abgegebenen Ursprungserklärungen fest. Das FG bestätigte die Auffassung des HZA (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.06.2008, 11 K 187/06, Haufe-Index 2133092).

 

Entscheidung

Der BFH hat den Bescheid aufgehoben, weil nicht durch Feststellungsbescheid entschieden werden dürfe. In der Sache hat er aber dem HZA Recht gegeben: alte Kleider haben nicht deshalb Gemeinschaftsursprung, weil sie in der Gemeinschaft getragen, in die Altkleidersammlung gegeben und von dort als verwertbar aussortiert worden sind.

 

Hinweis

1. Einen Feststellungsbescheid darf eine Behörde nur erlassen, wenn sie durch das Gesetz ermächtigt ist, eine Streitfrage in dieser Form, also hoheitlich, zu entscheiden.

Der BFH hat in dem Präferenzabkommen mit Polen vergeblich nach einer solchen Rechtsgrundlage für einen Feststellungsbescheid gesucht. Dass er nicht fündig geworden ist, dürfte niemanden überraschen, weil solche Fragen in einem solchen Abkommen nicht geregelt zu werden pflegen. Die allerdings nicht ganz unsinnige weitere Frage, ob nicht nach dem Gesamtzusammenhang der Präferenzregelung von einer stillschweigenden (impliziten) Ermächtigung auszugehen ist, das präferenzielle Prüfungsergebnis durch Verwaltungsakt festzustellen, hat der BFH, ohne sie ausdrücklich aufzuwerfen, stillschweigend verneint. Er hat sich darin auch nicht dadurch beirren lassen, dass der EuGH dieser Ergebnismitteilung im Verhältnis zum Einfuhrstaat praktisch Bindungswirkung beigemessen hat. Sollte sie gleichwohl  gegenüber einem anderen "Betroffenen" (dem Ausführer) nur eine unverbindliche Meinungsäußerung statt einer Maßnahme mit Rechtswirkung sein? Eine m.E. nicht unproblematische, dem deutschen Verwaltungsrecht eher fremde Vorstellung.

Gleichwohl: Rechtsschutz ist gewährleistet, vorläufiger Rechtsschutz freilich nur zweiter Klasse, nämlich nicht durch die leichter zu erlangende AdV, sondern nur durch einstweilige Anordnung.

2. Die materiell-rechtliche Frage des Streitfalls dürfte bei näherem Hinsehen eindeutig zu beantworten sein: Kleidung wird nicht dadurch "bearbeitet", dass sie getragen wird, dass sie irgendwann in die Kleidersammlung geworfen wird, dass der Sammler sie sortiert und zum weiteren Tragen geeignete Stücke dem Secondhandhandel (ggf. nach Export) zuführt. All das ist nicht ursprungsbegründend.

Eigenartig ist allerdings, dass es bei in größeren Massenladungen abgegebenen Waren, wie sie in den Erläuterungen zum Harmonierten System (ErlHS) zur Pos. 6309 Rz. 04.0 und 05.0 beschrieben sind, wohl anders wäre.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.06.2009 – VII R 33/08

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