rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgelds für glaubensverschiedene Ehen in Thüringen im Jahr 2012

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Erhebung eines besonderen Kirchgelds für glaubensverschiedene Ehen in Thüringen im Veranlagungszeitraum 2012 ist auch insoweit verfassungskonform, als dabei an den Lebenshaltungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten angeknüpft wird, welcher durch das gemeinsame Einkommen der Ehegatten, also einschließlich des Einkommens des nicht kirchenangehörigen Ehegatten, bestimmt wird.

2. Das besondere Kirchgeld ist nicht etwa von Verfassungs wegen nur auf die Fallkonstellation beschränkt, in der der kirchenangehörige Ehegatte überhaupt kein Einkommen erzielt.

 

Normenkette

THKiStG § 5; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1-2, Art. 6 Abs. 1-2, Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 6; KiStO Thüringen § 3 Abs. 2 Buchst. b, §§ 4, 11

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgelds.

Die Klägerin war im gesamten Streitjahr Mitglied der katholischen Kirche. Ihr Ehemann, der Kläger, war bis zum 07/2012 evangelischer Kirchenangehöriger; für den Rest des Streitjahres gehörte er keiner Kirche an (glaubensverschiedene Ehe). Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Ehegatten trugen im Streitjahr zum Familieneinkommen bei. Der von der Klägerin erzielte Gesamtbetrag der Einkünfte betrug 65.643,00 EUR, der des Klägers 363.536,00 EUR.

Für die fünf Monate des Bestehens der glaubensverschiedenen Ehe führte der Beklagte, das Finanzamt (FA), eine Vergleichsberechnung zwischen (a) der Kirchensteuer vom eigenen Einkommen der kirchenangehörigen Klägerin und (b) dem besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe auf Grundlage eines gemeinsam zu versteuernden Einkommens durch. Da für die fünf Monate des Bestehens der glaubensverschiedenen Ehe die Kirchensteuer mit (9% der auf die Klägerin entfallende Einkommensteuer i.H.v. 17.442,48 EUR =) 654,09 EUR unter dem (auf Grundlage eines gemeinsam zu versteuernden Einkommens i.H.v. 397.085 EUR ermittelten) besonderen Kirchgeld i.H.v. (5 Monate × 300 EUR=) 1.500 EUR lag, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin für das gesamte Streitjahr katholische Kirchensteuer von insgesamt (3.948,78 EUR KiSt für 7 Monate und 1.500 EUR besonderes Kirchgeld für 5 Monate =) i.H.v. 5.460,66 EUR fest.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben. Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Die Kläger machen geltend, die Einbeziehung des besonderen Kirchgelds in die Festsetzung der Kirchensteuer gegenüber der Klägerin sei verfassungswidrig. Im Wesentlichen rügen sie, dass das staatskirchenrechtliche Verbot, zur Kirchensteuer Personen heranzuziehen, die nicht der Kirche angehören, umgangen werde, indem das besondere Kirchgeld nach dem gemeinsam zu versteuernden Einkommen beider – also auch des nicht kirchenangehörigen – Ehegatten bemessen wird. Insbesondere sei die Anknüpfung des besonderen Kirchgelds an den Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten unter Berücksichtigung des Einkommens des nicht kirchenangehörigen Ehegatten nicht verfassungsgemäß, wenn der kirchenangehörige Ehegatte, wie im Fall der Klägerin, seinen Lebensführungsaufwand allein durch eigenes Einkommen bestreite. Es fehle es an einer Obergrenze, ab der eine Mitberücksichtigung des Einkommens des nicht kirchenangehörigen Ehegatten ausscheide. Des Weiteren führe das besondere Kirchgeld zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, weil im Gegensatz zur sonstigen Kirchensteuer ausnahmsweise an nicht staatskirchenrechtliche oder kirchensteuerrechtliche Merkmale wie der Wahl der Zusammenveranlagung angeknüpft werde. Schließlich vermuten die Kläger, dass, aufgrund von personellen Neubesetzungen des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, dieses Verfassungsbeschwerden betreffend das besondere Kirchgeld wieder annehmen würde.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Bescheid für 2012 über Kirchensteuer vom 16.06.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.12.2014 insoweit aufzuheben und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, als in die Kirchensteuerfestsetzung gegenüber der Klägerin ein besonderes Kirchgeld i.H.v. 1.500 EUR eingeflossen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgelds sei durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzgerichte (FG) hinlänglich geklärt.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage des Klägers ist unzulässig. Der Kläger ist nicht klagebefugt. Klagebefugt ist gem. § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) nur derjenige, der geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes oder einer anderen Leistung in s...

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