rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungewissheit der Einkünfteerzielungsabsicht. keine nachträgliche Berücksichtigung von Werbungskosten bei auf die Einkunftserzielung „dem Grunde nach” beschränktem Vorläufigkeitsvermerk

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erklärt das FA die Steuerfestsetzung für vorläufig, weil es die Einkünfteerzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilen kann, kann es bei der endgültigen Steuerfestsetzung auch von der tatsächlichen Ungewissheit nicht betroffene, aber zunächst hingenommene tatsächliche und/oder rechtliche Fehlbeurteilungen zur Abziehbarkeit von Werbungskosten oder Betriebsausgaben ändern. Die Erstreckung des Vorläufigkeitsvermerks auf Folgefragen sollte im Bescheid aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen.

2. Macht das FA umgekehrt in dem hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht vorläufigen Bescheid deutlich, dass es den Vorläufigkeitsvermerk nicht auf eventuell nachrangige Fragen erstrecken will, weil es in Abweichung von der Steuererklärung die Betriebseinnahmen und einzelne Werbungskosten oder Betriebsausgaben in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht schon vorab eingehend prüft und die Abweichung auch im Bescheid bzw. in einer Anlage zum Bescheid erläutert, so erstreckt sich der Vorläufigkeitsvermerk nur auf die Frage der Anerkennung der so errechneten Einkünfte.

 

Normenkette

AO § 165 Abs. 1; EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 S. 1; BGB § 133

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung einer Restwertabschreibung, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2005 im Rahmen des § 165 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) noch geändert werden können.

Die Klägerin erzielte in den Kalenderjahren 2000 – 2005 Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als Notarin. Sie erwarb im Jahr 1996 zwei Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Für eine dieser Wohnungen machte sie in den Jahren 1996, 1998 und 1999 Sonderabschreibung geltend. Die verbleibende Restwertabschreibung war jedoch unterblieben.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000-2005 hatte sie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht. Es handelte sich dabei um vorweggenommene Werbungskosten, und zwar ausschließlich um Schuldzinsen. In allen Fällen hatte die Klägerin Nachweise für diese Schuldzinsen eingereicht.

Jahr

Werbungskosten

2000

-12.078 DM

Schuldzinsen (Bl. 11)

2001

-10.376 DM

Schuldzinsen (Bl. 18)

2002

-4.562 EUR

Schuldzinsen (Bl. 13)

2003

-3.931 EUR

Schuldzinsen (Bl. 12)

2004

-1.680 EUR

Schuldzinsen (Bl. 21)

-3.038 EUR

Bescheid 03.07.2006 nach Einspruch

2005

-2.259 EUR

Schuldzinsen (Bl. 11)

-1.547 EUR

Bescheid vom 15.07.2009

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 31.05.2006 legte die Klägerin Einspruch ein und reichte eine weitere Zinsbescheinigung ein. In der Folge änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid am 03.07.2006 entsprechend. Der Einkommensteuerbescheid 2005 wurde ebenfalls mehrmals geändert. Mit Bescheid vom 15.07.2009 reduzierte der Beklagte den Werbungskostenüberschuss aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von 2.259 EUR auf 1.547 EUR. Diese Änderung hatte die Klägerin mit Schreiben vom 12.03.2009 beantragt. Sie hatte darauf hingewiesen, dass in 2005 erstmals Mieten vereinnahmt worden seien (vier Monate a 275 EUR abzüglich Hausgeld monatlich 97 EUR).

In den Einkommensteuerbescheiden für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2005 erkannte der Beklagte die Werbungskostenüberschüsse jeweils an, wobei alle Bescheide hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufig ergingen. In den Erläuterungen der jeweiligen Bescheide heißt es hierzu: „Der Bescheid ergeht vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil zurzeit die Überschusserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann.”

Mit den streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheiden 2000-2005 vom 18.04.2013 erklärte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide 2000-2005 bezüglich der Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für endgültig.

Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 18.04.2013 legte die steuerlich vertretene Klägerin fristgerecht Einsprüche ein. Erst nach Aufforderung durch den Beklagten begründete die Klägerin die Einsprüche mit Schriftsatz vom 04.06.2013 (Bl. 27f. Rechtsbehelfsakte). Sie habe die Restwertabschreibung bislang nicht geltend gemacht. Sie beantrage daher für die Jahre 2000 bis 2005 den Verlust aus der Vermietung und Verpachtung um die Restwertabschreibung in Höhe von 10.226 EUR pro Jahr zu erhöhen.

Mit Schreiben vom 16.07.2013 informierte der Beklagte die Klägerin ausführlich über die Sach- und Rechtslage (Bl. 29ff. Rechtsbehelfsakte). Die nunmehr beantragte Berücksichtigung der Restwertabschreibung in den Jahren 2000-2005 komme nicht in Betracht. Eine Änderung der Bescheide nach § 165 Abs. 2 AO sei nach Art und Umfang nur in...

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