rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auszahlung des Kindergeldes

 

Tenor

1. Der Bescheid über die Ablehnung des Antrages auf Kindergeld für das Kind TTT ab dem 01.01.1996 vom 29.04.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.11.1996 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, gegenüber der Klägerin Kindergeld für das Kind TTT im beantragten Umfange festzusetzen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob während eines Auslandsaufenthaltes im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses Kindergeld zu gewähren ist.

Die Tochter der unbeschränkt steuerpflichtigen Klägerin, TTT K., bestand 1995 in AB ihr Abitur. Vom 01.09.1995 bis zum 25.06.1996 hielt sie sich zu einem Sprachstudienaufenthalt in XXXXXY, England auf. Im Anschluß daran beabsichtigte sie, ein Betriebswirtschaftsstudium aufzunehmen. Sie besuchte wöchentlich den Englischunterricht am Filton College in XXXXXY 10-Wochenstunden und half im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses im Haushalt. Hierfür erhielt sie ein Taschengeld von ca. 350 DM im Monat, sowie freie Unterkunft und Verpflegung (vgl. die Bestätigung Bl. 52 und 53 der Kindergeldakten). Sie erwarb ferner Zertifikate der Universität von BXX über englische Sprache und Handelsenglisch (vgl. Bl.4 bis 9 der Gerichtsakte). Im März 1997 nahm sie nach einem Praktikum ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre auf (Fachhochschule XZ).

Dem Antrag der Klägerin, ihr für die Zeit vom 01.01.1996 bis zum 30.06.1996 für ihre Tochter TTT Kindergeld zu gewähren lehnte die Beklagte (die Familienkasse beim Arbeitsamt AB) ab. Auch der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin weiterhin, ihr für die Zeit vom 01.01.1996 bis einschließlich 30.06.1996 Kindergeld zu zahlen. Zur Begründung trägt sie vor, der Auslandsaufenthalt ihrer Tochter diente der Vorbereitung für ihr im März 1997 aufgenommenes Betriebswirtschaftsstudium. Hierfür seien Kenntnisse der englischen Sprache in Wort und Schrift Voraussetzung.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 29.04.1996 über die Ablehnung des Antrags auf Kindergeld für das Kind TTT ab dem 01.01.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.11.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für diesen Zeitraum Kindergeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, der Auslandsaufenthalt in einem Au-pair-Verhältnis könne nicht als Berufsausbildung i.S.d. Gesetzes angesehen werden. Dies könne allenfalls der Fall sein, wenn ein Kind einen Beruf anstrebe, zu dessen Ausübung umfassende Kenntnisse in fremder Sprache benötigt werden, für den eine geregelte Ausbildung mit berufsqualifizierendem Abschluß nicht vorgeschrieben sei. Das von der Tochter der Klägerin beabsichtigte Studium der Betriebswirtschaft erfordere jedoch nicht zwingend das Erlernen der englischen Sprache. Erst recht sei nicht Voraussetzung dieses Studienganges ein längerer Aufenthalt in einer englischen Gastfamilie. Auch der Inhalt des Informationsblattes der Fachhochschule Dresden, das sich in der Verwaltungsakte befinde, könne hierfür nicht als Begründung ausreichen, da zusätzliche Aufnahmebedingungen lediglich das erfolgreiche Absolvieren eines Auswahlverfahrens sei, indem u.a. die sprachlichen Profile der Bewerber geprüft würden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht für ihre Tochter TTT K. Kindergeld im beantragten Umfange zu.

1) Gemäß § 62 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- 1996 hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S.d. § 63 des EStG 1996, wer im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gemäß § 63 Abs. 1 EStG 1996 werden Kinder i.S.d. § 32 Abs.1 EStG 1996 berücksichtigt. § 32 Abs. 3 bis 5 EStG 1996 gilt entsprechend (§ 63 Abs.1 Satz 2 EStG 1996). Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 2 Buchst. a EStG 1996 wird danach ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.

Berufsausbildung ist begrifflich die Ausbildung für einen künftigen Beruf. Zur Berufsausbildung gehört auch der Besuch von Allgemeinwissen vermittelnden Schulen (vgl. zum Begriff Schmidt/Glanegger, EStG, 15. Aufl., § 32 Rdz. 38). Ebenfalls kann ein Auslandssprachaufenthalt zur Berufsausbildung gezählt werden, wenn er zur Vervollkommnung der Sprachkenntnisse bestimmt ist und solche für die Berufsausbildung erforderlich sind (vgl. Kanzler in Hermann Heuer Raupach, Komm. zur EStG und Körperschaftsteuer, § 32 Anm. 96). Dies gilt selbst dann, wenn das Kind als Haushaltshilfe (Au-pair) tätig wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der Senat folgt, wird, wenn dieser Aufenthalt ungefähr ein Jahr nicht überschreitet, regelmäßig als Berufsausbildung anzusehen sein, sofer...

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