Bei der Ermittlung der laufenden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit an sich ergeben sich aus einem Brexit keine wesentlichen Änderungen. Allerdings sind durch die Behandlung des VK als Drittstaat die folgenden privaten Bereiche eines entsandten Mitarbeiters betroffen.

§ 3 Nr. 55c Buchst. c EStG ermöglicht im Falle des Todes des Stpfl. die steuerfreie Übertragung eines geförderten Altersvorsorgevermögens i. S. d. § 92 EStG (Stichwort "Riester") auf den Namen des Ehegatten (oder des Lebenspartners), wenn die Ehegatten/Lebenspartner im Zeitpunkt des Todes nicht dauernd getrennt gelebt haben und beide Ehegatten/Lebenspartner ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat hatten. Somit wäre bereits zum 01.02.2020 mit dem Austritt des VK aus der EU die steuerfreie Übertragung des Altersvorsorgevermögens nicht mehr möglich gewesen. Um eine Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG zu vermeiden und Steuerpflichtige zu schützen, die bereits in der Vergangenheit alle steuerlich relevanten Handlungen vollzogen haben und bei denen allein der Brexit zu nachteiligen steuerlichen Rechtsfolgen führt, wurde durch Ergänzung des § 3 Nr. 55 Buchst. c EStG im Brexit-StBG sichergestellt, dass eine steuerfreie Übertragung dann möglich ist, wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Zeitpunkt, zu dem das VK nicht mehr Mitglied der EU ist oder als solches behandelt wird, im VK hatten. Weitere Voraussetzung für eine steuerfreie Übertragung ist, dass der Vertrag vor dem 23.06.2016 (Tag des Brexit-Votums) abgeschlossen wurde. Für Verträge, die nach diesem Zeitraum abgeschlossen wurden, besteht kein Bestandsschutz mehr.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel

A ist britischer Staatsbürger, mit seiner Frau B verheiratet und nicht dauernd getrennt lebend. A ist für mehrere Jahre nach Deutschland abgeordnet. Die Ehefrau hat ihn während des Einsatzes in Deutschland nicht begleitet und wohnt weiterhin am Familienwohnsitz im VK. In Deutschland hat A einen Altersvorsorgevertrag nach §§ 79 ff. EStG abgeschlossen, der steuerlich gefördert wird. Der Vertrag wurde abgeschlossen

  1. im Jahr 2001
  2. im Jahr 2017.

Nach Wirksamwerden des Brexits und Ablauf der Übergangszeit verstirbt A. Seine Ehefrau möchte das Altersvorsorgevermögen auf einen auf ihren Namen lautenden Altersvorsorgevertrag übertragen. Fraglich ist, ob die steuerneutrale Übertragung möglich ist.

Lösung

Wird steuerlich gefördertes Altersvorsorgevermögen auf einen anderen Altersvorsorgevertrag des gleichen oder eines anderen Berechtigten übertragen, führt dies grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Vorgang i. S. d. § 22 Nr. 5 EStG, es sei denn, die Ausnahmen nach § 3 Nr. 55 Buchst. c EStG finden Anwendung. Im vorliegenden Fall kommt die Freistellung des § 3 Nr. 55 Buchst. c EStG in Betracht. Danach ist die Übertragung von Altersvorsorgevermögen im Falle des Todes des Steuerpflichtigen auf einen auf den Namen des Ehegatten/Lebenspartners lautenden Altersvorsorgevertrag steuerfrei, wenn die Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes nicht dauernd getrennt gelebt haben und den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat hatten. Ohne die Anpassungen der Vorschrift durch das Brexit-StBG würde die Übertragung in beiden Fällen zu einem steuerpflichtigen Vorgang führen, da das VK ab dem 01.01.2021 nicht mehr als EU-/EWR-Staat behandelt wird. Durch die Ergänzung der Vorschrift ist der Vorgang allerdings dann steuerfrei, wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Zeitpunkt, zu dem das VK nicht mehr Mitglied der EU ist oder als solches behandelt wird, im VK hatten und der Vertrag vor dem 23.06.2016 abgeschlossen worden ist.

Lösung

  1. Die steuerfreie Übertragung ist möglich, da der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt vor dem Brexit im VK war. Überdies wurde der Vertrag vor dem 23.06.2016 abgeschlossen.
  2. Die steuerfreie Übertragung ist nicht möglich, da die Ehegatten zwar ihren Wohnsitz vor dem Brexit im VK hatten, der Vertrag aber nach dem 23.06.2016 abgeschlossen wurde. Die Übertragung führt bei der Ehefrau zum Zufluss sonstiger Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG. Die Ehefrau B lebt im VK und hat in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Sie ist in Deutschland lediglich beschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 4 EStG mit ihren inländischen Einkünften. Der Zufluss von sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 5 EStG unterliegt der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 10 EStG. Allerdings sind auch die Regelungen des DBA-UK zu beachten. B ist im VK ansässig, da sie dort ihren Wohnsitz hat. Vor seinem Tod war auch A im VK ansässig, da er zwar in beiden Ländern einen Wohnsitz hatte, aber sein Lebensmittelpunkt befand sich im VK (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-UK). Nach Art. 17 Abs. 1 DBA-UK können Ruhegehälter, ähnliche Vergütungen oder Renten nur im Ansässigkeitsstaat des Empfängers (der Ehefrau B) besteuert werden. Auch Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen fallen unter diese Vorschrift. Deutschland hat nur dann ein Besteuerun...

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