Nach § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland zurück, wenn die Einkünfte einer im Inland unbeschränkt stpfl. Person nur deshalb nicht im Ausland besteuert werden, weil der ausl. Staat diese Einkünfte im Rahmen der beschränkten Stpfl. nicht berücksichtigt. Erfasst werden soll damit der Fall, dass die Einkünfte nur deshalb nicht im anderen Staat besteuert werden, weil der Stpfl. dort nicht ansässig ist. Die Steuerfreistellung im Ausland muss allein und ausschließlich auf der beschränkten Stpfl. beruhen. Hingegen werden solche Einkünfte nicht erfasst, die im Ausland grundsätzlich nicht besteuert werden.[1] Gleiches gilt, wenn die Einkünfte zwar der beschränkten Stpfl. unterliegen, tatsächlich aber keine Steuer festgesetzt wird, weil ein Ausgleich mit Verlusten erfolgt. Die Regelung zielt im Ergebnis auf Steuergestaltungsmodelle, die bestehende sachliche Steuerbefreiungen im Rahmen der beschränkten Stpfl. in DBA-Staaten nutzen wollen.

"Nicht steuerpflichtig" sind die Einkünfte auch dann, wenn sie aufgrund einer Richtlinie der EU, z. B. der Zins- und Lizenzrichtlinie, aus der Besteuerung ausgenommen worden sind. Hingegen kommt es nicht darauf an, ob die Nichtbesteuerung auf einer Regelung des nationalen oder des Abkommensrechts beruht.[2] Die Vorschrift erfasst auch solche Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen. Nimmt der andere DBA-Staat bei einem Zufluss von Einkünften an eine nichtansässige Person nach seinem innerstaatlichen Recht keinen Quellensteuerabzug vor, obwohl die Einkünfte sonst beim Zufluss an eine ansässige Person von einem Steuerabzug betroffen wären, so liegt ein Anwendungsfall dieser Regelung vor. Erhebt der andere Staat jedoch eine Quellensteuer, die nach dem DBA mit Deutschland der Höhe nach begrenzt ist, liegt kein Anwendungsfall des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG vor, weil dieser die fehlende Stpfl. in dem anderen DBA-Staat zwingend voraussetzt. Eine wichtige Ausnahme sieht § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG vor: Handelt es sich bei den im anderen DBA-Staat nicht besteuerten Einkünften um (Schachtel-)Dividenden, die nach dem DBA in Deutschland als Folge des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs von der deutschen KSt und GewSt auszunehmen sind, so ist die Rückfallklausel des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG nicht anzuwenden. Hierbei ist allerdings eine Rückausnahme zu beachten: Wurden die Dividenden bei der Ermittlung des Gewinns der ausschüttenden Gesellschaft abgezogen und erfolgte kein Quellensteuerabzug, bleibt die Rückfallklausel anwendbar. Dies kann z. B. für Vergütungen für stille Beteiligungen bedeutsam sein. Gibt es im jeweiligen DBA bereits eine Rückfall- oder eine Switch-over-Klausel, wird diese durch § 50d Abs. 9 S 1 Nr. 2 EStG nicht eingeschränkt.[3]

Rechtsfolge des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG ist, dass Deutschland als der Staat der unbeschränkten Stpfl. nicht die Freistellungsmethode, sondern die Anrechnungsmethode anwendet. Umstritten ist, ob diese Klauseln – abgesehen von einem verfassungsrechtlich zweifelhaften Treaty-Override – vor dem Hintergrund des Gebots der Folgerichtigkeit und Wertungskonsequenz verfassungsrechtlich zulässig sind.[4]

[1] BT-Drs. 622/06, 103.
[2] Missverständlich ist insoweit die Regierungsbegründung, die auf das innerstaatliche Recht des anderen Staats abstellt, BT-Drs. 622/06, 103.
[4] Hierzu den Vorlagebeschluss des BFH v. 11.12.2013, I R 4/13, BFH/NV 2014, 614, BStBl II 2014, 791, anhängig beim BVerfG AZ: 2 BvL 15/14.

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