BMF, 19.10.1984, IV B 4 – S 2246 – 23/84

Bezug: ESt Vl/83 – TOP 19; USt IV/83 – TOP 16

Die selbständig ausgeübte ärztliche Tätigkeit eines Augenarztes ist eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Zu der Frage, ob Einnahmen eines Augenarztes oder einer augenärztlichen Gemeinschaftspraxis aus der Anpassung und dem Verkauf von Kontaktlinsen sowie aus dem Verkauf von Pflegemitteln zu den Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit gehören, wird unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung genommen:

  1. Die Honorare, die ein Augenarzt für das Anpassen von Kontaktlinsen nach einer augenärztlichen Untersuchung erhält, sind den Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen.
  2. Der Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln ist keine Ausübung der Heilkunde. Die Einnahmen eines Augenarztes hieraus sind deshalb als Einnahmen aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) zu behandeln.
  3. Erzielt eine Gemeinschaftspraxis Einnahmen aus einer gewerblichen Tätigkeit, unterliegen die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis in vollem Umfang der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG). Der Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln durch eine augenärztliche Gemeinschaftspraxis führt also dazu, daß auch die Einnahmen aus der ärztlichen Tätigkeit als Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. Diese Folge tritt jedoch nicht ein, wenn die Beschaffung und der Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln wie folgt aus der Gemeinschaftspraxis ausgegliedert sind:

    Augenärzte, die ihre ärztliche Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis ausüben, gründen für Zwecke des Ein- und Verkaufs von Kontaktlinsen und Pflegemitteln eine weitere Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, an der sie in demselben Verhältnis beteiligt sind wie an der Gemeinschaftspraxis. Diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts verkauft Kontaktlinsen und Pflegemittel nur an Personen, die von den Augenärzten in der Gemeinschaftspraxis behandelt werden. Der Gesellschaftsvertrag ist so gestaltet daß die Gesellschaft wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell von der augenärztlichen Gemeinschaftpraxis unabhängig ist. Insbesondere werden getrennte Bücher geführt, besondere Bank- und Kassenkonten eingerichtet sowie eigene Rechnungsformulare verwendet. Kontaktlinsen und Pflegemittel werden getrennt vom Betriebsvermögen der Gemeinschaftspraxis gelagert. Bisher in der ärztlichen Gemeinschaftspraxis im Zusammenhang mit der Abgabe von Kontaktlinsen und Pflegemitteln genutzte Teile des Betriebsvermögens werden aus dem Betriebsvermögen der Gemeinschaftspraxis in die neu gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts überführt. Soweit bestimmte Wirtschaftsgüter (z. B. Einrichtung, Räume, Telefon) sowohl der augenärztlichen Berufsausübung als auch der Gesellschaft für den Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln dienen und die Kosten dafür nicht nach dem "Verursacherprinzip" zurechenbar sind, werden sie entsprechend dem Verhältnis der Umsätze beider Gesellschaften zueinander oder einem entsprechenden Schlüssel der augenärztlichen Gemeinschaftspraxis erstattet.

    Wird der Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln derart aus einer augenärztlichen Gemeinschaftspraxisausgegliedert, handelt es sich insoweit um eine gewerbliche Tätigkeit. Die Behandlung der (verbleibenden) Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis als freiberufliche Tätigkeit bleibt davon unberührt. Bei der Überlassung von Personal, Räumen, Telefon usw. durch die augenärztliche Gemeinschaftspraxis an die neu gegründete Gesellschaft für Beschaffung und Verkauf von Kontaktlinsen und Pflegemitteln lediglich gegen Auslagenersatz handelt es sich nicht um eine gewerbliche Tätigkeit, weil insoweit bei der Gemeinschaftspraxis die Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

 

Normenkette

EStG § 15

EStG § 18 Abs. 1

GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Fundstellen

BStBl I, 1984, 588

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