Leitsatz

Der Grundsatz der anteiligen Tilgung gilt nicht, wenn die Steuerschuld absehbar war und der gesetzliche Vertreter keine Vorsorge getroffen hat.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer und später Liquidator einer GmbH. Nach Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung wurde für das Jahr 1997 eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt, die letztlich zu einer Steuernachforderungen gegen die GmbH führte. In 2008 erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegen den Kläger i. H. v. 35.000 EUR. Dem trat der Kläger entgegen. In der Einspruchsentscheidung setzte das Finanzamt den Haftungsbetrag auf 29.000 EUR herab. Zur Begründung für die Haftung führte das Finanzamt an, der Kläger habe als gesetzlicher Vertreter die steuerlichen Pflichten der GmbH verletzt. Er habe die Pflicht gehabt, Vorsorge für etwaige steuerliche Nachforderungen zu treffen. Der Kläger erhob Klage.

 

Entscheidung

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg, da ein Teil der Steuerschulden zum Zeitpunkt des erstmaligen Erlasses des Haftungsbescheids bereits verjährt war. Insofern war der Haftungsbescheid rechtswidrig. Im Übrigen könne der Kläger gem. § 69 AO i. V. m. § 34 AO in Haftung genommen werden, da er als gesetzlicher Vertreter der GmbH vorsätzlich oder grob fahrlässig steuerliche Pflichten verletzt habe und hierdurch ein Steuerschaden entstanden sei. Es sei unstreitig, dass die GmbH die festgesetzten Steuerbeträge nicht abgeführt habe, obwohl diesbezüglich eine Zahlungsverpflichtung bestand. Zwar gelte hier grundsätzlich der Grundsatz der anteiligen Tilgung, doch sei die Pflichtverletzung des Klägers vor allem darin zu sehen, dass er für die Zahlung der vorhersehbaren Steueransprüche keine Vorsorge getroffen habe.

 

Hinweis

Das umfangreiche und in seinem Sachverhalt teilweise komplexe Urteil führt neben einer Darstellung der Haftungsverjährung gem. § 191 Abs. 3 AO sowie einer Zurechnung nach § 166 AO, die hier nicht weiter besprochen werden sollen, aber durchaus lesenswert sind, vor allem vor Augen, wie weit teilweise von der Rechtsprechung das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters im Hinblick auf die Verletzung steuerlicher Pflichten gesehen wird. Zwar gilt im Rahmen des § 69 AO nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH grundsätzlich der Grundsatz der anteiligen Tilgung (BFH, Urteil v. 5.3.1991, VII R 93/88, BStBl 1991 II S. 678; BFH, Urteil v. 26.8.1992, VII R 50/09, BStBl 1993 II S. 8; BFH, Urteil v. 2.3.1993, VII R 90/90, BFH/NV 1994 S. 526; siehe auch Schwarz, AO, § 69 AO Rz. 16). Dieser Grundsatz hat zur Folge, dass der gesetzliche Vertreter das Finanzamt nicht besser, aber auch nicht schlechter als die anderen Gläubiger im Rahmen seiner Zahlung berücksichtigen muss. Allerdings soll dieser Grundsatz dann nicht gelten, wenn die Steuerschulden absehbar gewesen sind und der Geschäftsführer keine Vorsorge getroffen hat (BFH, Urteil v. 11.3.2004, VII R 19/02, BStBl 2004 II S. 967; BFH, Urteil v. 25.3.2013, VII B 245/12, BFH/NV 2013 S. 1063). Diese Rechtsprechung ist zutreffend, da ansonsten eine Umgehung der Haftung nach AO droht. Da nach den Feststellungen des FG Köln der Kläger die wesentlichen Vermögenswerte der GmbH an seine Frau überlassen hat, erscheint die Entscheidung zutreffend. Die Revision gegen dieses Urteil wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 05.12.2013, 13 K 636/09

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