Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen und Änderungen durch die Neuregelung?

[Ohne Titel]

Dr. Matthias Gehm[*]

Der BFH hat mit Beschluss v. 31.3.2022 (BFH v. 31.3.2022 – VI B 88/21, EStB 2022, 207 [Günther]) entschieden, unter welchen Voraussetzungen Kosten für die Strafverteidigung als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Dies soll Anlass sein, sich mit dieser Frage näher zu beschäftigen, wobei dies anhand aktueller weiterer Rechtsprechung geschehen soll. Da der vom BFH entschiedene Fall zeitlich vor der Ergänzung von § 12 Nr. 4 EStG durch das Jahressteuergesetz 2019 v. 12.12.2019 (BGBl. I 2019, 2451) angesiedelt war, wonach auch mit einer Geldstrafe zusammenhängende Aufwendungen nicht steuerlich geltend gemacht werden können, soll der Beitrag zudem die Frage beantworten, ob durch diese Neuregelung auch die Geltendmachung von Strafverteidigungskosten betroffen ist.

[*] Der Autor ist Lehrbeauftragter für Steuer- und Steuerstrafrecht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Er kann auf eine langjährige Tätigkeit als Jurist in der Finanzverwaltung zurückblicken. Der Beitrag gibt seine private Rechtsauffassung wieder.

I. Rechtslage vor dem JStG 2019

1. Unterscheidung Sanktion und Strafverteidigungskosten

Es ist zu unterscheiden zwischen

  • den Strafverteidigungskosten und
  • den Aufwendungen für die strafrechtliche Sanktion.

So ist nach § 12 Nr. 4 EStG die Geldstrafe selbst nicht als Werbungskosten (WK) oder Betriebsausgaben (BA) abziehbar. Diese Bestimmung verhält sich aber zumindest in der bis zum Jahressteuergesetz (JStG) 2019 geltenden Fassung nicht zu der Frage, ob Strafverteidigungskosten als BA/WK Berücksichtigung finden können.

2. Unterscheidung BA/WK und außergewöhnliche Belastung

Es stellt sich zudem die Frage, ob diese Aufwendungen – wenn der BA/WK-Abzug scheitert – als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. Wie sich bereits aus § 12 erster Halbs. EStG ergibt, lässt die Regelung des § 12 Nr. 4 EStG die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung unberührt – "soweit in (...) §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist (...)".

3. Strafverteidigungskosten als BA/WK

Kernaussage der eingangs erwähnten Entscheidung des BFH v. 31.3.2022 ist, dass strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen können[1].

Beruflich bedingter Veranlassungszusammenhang: Infolge dessen können Strafverteidigungskosten als WK abziehbar sein, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Beachten Sie: Nicht ausreichend ist es allerdings, wenn die Straftat nur gelegentlich der beruflichen Tätigkeit verübt wird. Vielmehr muss das entsprechende strafrechtlich relevante Verhalten i.R.d. beruflichen Aufgabenerfüllung liegen – also:

  • in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen sein und
  • nicht auf privaten – den beruflichen Zusammenhang aufhebenden – Umständen beruhen[2].

Beraterhinweis Die Tat darf nicht nur gelegentlich der beruflichen Tätigkeit aus privater Veranlassung begangen worden sein.

Schädliche private Veranlassung: Ein solches – die berufliche Veranlassung sprengendes – auf privaten Gründen beruhendes Verhalten ist gegeben[3]

  • bei bewusster Schädigung des Arbeitgebers durch den Steuerpflichtigen oder
  • wenn er sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichern wollte.

Konkreter Tatvorwurf: Abzustellen ist dabei immer auf die konkrete Tat, die dem Steuerpflichtigen vorgeworfen wird, und aufgrund derer er einen Strafverteidiger bemüht.

a) Entscheidung des BFH v. 31.3.2022

LSt-Hinterziehung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt durch Geschäftsführer: Im Fall eines angestellten Geschäftsführers, gegen den ein Strafverfahren

  • wegen Hinterziehung von Lohnsteuer (§ 370 AO) und
  • wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt bei Verwendung von Abdeckrechnungen (§ 266a StGB)

geführt wurde, sah der BFH in seiner Entscheidung v. 31.3.2022 einen beruflich bedingten Veranlassungszusammenhang – auch wenn der Geschäftsführer die Mittel aus den Scheinrechnungen nicht nur zur Zahlung der Schwarzlöhne, sondern auch für seine privaten Zwecke verwandte.

Dies begründet der BFH damit, dass diese Taten in Ausübung der beruflichen Tätigkeiten als Geschäftsführer begangen wurden und die Eigenbereicherung weder Voraussetzung noch Folge der Lohnsteuerhinterziehung gewesen sei, auf die sich die Strafverteidigungskosten bezogen hätten.

Anders wäre es gewesen, wenn die Strafverteidigungskosten im Zusammenhang mit einer vorgeworfenen Straftat wegen privater Verwendung der Mittel aus den Scheinrechnungen – z.B. wegen Untreue nach § 266 StGB – angefallen wären[4].

b) Einordnung der BFH-Entscheidung

Kein Tatvorsatz notwendig: Ordnet man diese Entscheidung näher ein, so lässt sich erst einmal feststellen, dass es hinsichtlich der Frage der steuerlichen Geltendmachung von Strafverteidigungskosten unerheblich ist, ob eine Straftat vorsätzlich begangen wurde. Dies erg...

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