BMF, 17.12.2013, IV C 2 - S 2750-a/11/10001

Bezug: TOP I/12 der Sitzung KSt/GewSt II/2011 vom 21. bis 23.6.2011;
  TOP I/5 der Sitzung KSt/GewSt III/2010 vom 21. bis 23.9.2010

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 19.8.1999, I R 77/96 (BStBl 2001 II S. 43 ff.) entschieden, dass von den Beteiligungsverhältnissen abweichende inkongruente Gewinnausschüttungen und inkongruente Wiedereinlagen steuerrechtlich anzuerkennen sind und grundsätzlich auch dann keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO darstellen, wenn andere als steuerliche Gründe für solche Maßnahmen nicht erkennbar sind. Dies entspricht mittlerweile seiner ständigen Rechtsprechung.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur steuerlichen Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung Folgendes:

Die steuerliche Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung setzt zunächst voraus, dass eine vom Anteil am Grund- oder Stammkapital abweichende Gewinnverteilung zivilrechtlich wirksam bestimmt ist. Dies ist der Fall, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung:

Es wurde im Gesellschaftsvertrag gem. § 29 Absatz 3 Satz 2 GmbHG ein anderer Maßstab der Verteilung als das Verhältnis der Geschäftsanteile im Gesellschaftsvertrag festgesetzt. Für eine nachträgliche Satzungsänderung zur Regelung einer ungleichen Gewinnverteilung ist gemäß § 53 Absatz 3 GmbHG die Zustimmung aller beteiligten Gesellschafter erforderlich.

Oder: Die Satzung enthält anstelle eines konkreten Verteilungsmaßstabs eine Klausel, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig über eine von der satzungsmäßigen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann, und der Beschluss ist mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst worden.

Bei Aktiengesellschaften:

Es wurde in der Satzung gem. § 60 Absatz 3 AktG ein vom Verhältnis der Anteile am Grundkapital (§ 60 Absatz 1 AktG) abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt. Für eine nachträgliche Satzungsänderung zur Änderung der Gewinnverteilung bedarf es gemäß § 179 Absatz 3 AktG der Zustimmung der benachteiligten Aktionäre. Enthält die Satzung lediglich eine Öffnungsklausel für eine von der gesetzlichen Gewinnverteilung abweichende Verteilung, ist diese für die Wirksamkeit einer inkongruenten Gewinnausschüttung nicht ausreichend.

Die Grundsätze des Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) sind zu beachten. Nach § 42 Absatz 2 AO liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Von einem solchen Missbrauch ist bei Vereinbarung einer inkongruenten Gewinnausschüttung nicht auszugehen, wenn für die vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden. Diese Prüfung ist unter Zugrundelegung der besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

Ein Indiz für eine unangemessene Gestaltung kann sein, wenn die Gewinnverteilungsabrede nur kurzzeitig gilt oder wiederholt geändert wird.

Die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttungen und der verdeckten Einlage bleiben unberührt.

Dieses BMF-Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 7.12.2000, IV A 2 – S 2810 – 4/00 (BStBl 2001 I S. 47 ff.) und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Das BMF-Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2;

AO 1977 § 42;

GmbHG § 29 Abs. 3

 

Fundstellen

BStBl I, 2014, 63

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