Der Gesetzgeber hat mit § 404 S. 1 AO entschieden, dass die Steuerfahndung polizeiliche Befugnisse erhält, um ihren vom Gesetzgeber in § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO gegeben Auftrag der steuerstrafrechtlichen Ermittlung erfüllen zu können. Die Steuerfahndung arbeitet hierbei nicht im luftleeren Raum, sondern ist Teil der Strafverfolgung (vgl. ausf. Wenzel, StBp 2021, 310, 314 f.). Der § 142 GVG sieht grundlegend vor, dass Herrin des Ermittlungsverfahrens die Staatsanwaltschaft ist. Durch § 152 Abs. 1 GVG werden die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft den Weisungen der Staatsanwaltschaft unterstellt. Neben Polizeikräften hat der Gesetzgeber expressis verbis auch die Dienststellen der Steuerfahndung durch § 404 S. 2 Halbs. 2 AO als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft eingesetzt. Durch diesen gesetzgeberischen Willen fand eine klare rechtliche und präzise Einbindung der Steuerfahndung in die strafprozessualen Ermittlungsstrukturen statt, wodurch ihr die umfassende polizeiliche Ermittlungsbefugnis eingeräumt ist (Matthes in Kohlmann, § 404 AO Rz. 13.1 [04/2013]).

Damit kann das Steuergeheimnis nicht isoliert für die Steuerfahndung gesehen werden, sondern es ist zwingend in Relation zu den strafprozessualen Ermittlungsbefugnissen und den daraus resultierenden Obliegenheiten des staatlichen Handelns zu setzen. Das Steuergeheimnis kann nur so weit reichen, wie nicht formales Recht eine Offenbarung von Gesetzes wegen erfordert und erzwingt. Das Steuergeheimnis steht nicht rechtsystematisch losgelöst über allem weiteren Recht, sondern das Steuergeheimnis darf den Vollzug des steuerstrafrechtlichen Verfahrens nicht behindern (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, § 30 AO Rz. 62 [11/2022]). Dies resultiert bereits aus der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass das Steuergeheimnis als Ausfluss des informationellen Selbstbestimmungsrechts in Konkordanz zur verfassungsrechtlichen Aufgabe der effektiven Strafrechtsverfolgung steht.

Aus §§ 142, 152 GVG ergibt sich die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft und ihrer Ermittlungsbeamten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften begangene Straftaten aufzuklären. Die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft haben alle diejenigen Ermittlungsmaßnamen zu wählen, die die Aufklärung der Straftat rechtskonform fördern. Zwar hat die Steuerfahndung gem. § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auch die steuerlichen Ergebnisse zu ermitteln, jedoch überlagert das strafprozessuale Ermittlungsverfahren das steuerliche Verfahrensrecht, weshalb sich die Maßnahmenbefugnisse der Steuerfahndung grundsätzlich allein aus der Strafprozessordnung herleiten, sofern sie strafprozessuale Ermittlungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft führt.

Wegen der klaren und engen Einbindung der Steuerfahndung in die durch §§ 142, 152 GVG, 404 AO vorgesehenen hoheitlichen Aufgaben führt die Weisungsbefugnis der Staatsanwaltschaft auch dazu, dass die Steuerfahndung nur dann über das "Ob" einer Maßnahme frei entscheiden kann, wenn die Staatsanwaltschaft ihr einen Handlungsrahmen eröffnet hat. Sobald die Staatsanwaltschaft z.B. eine Durchsuchungsmaßnahme oder Zeugenvernehmung anordnet, ist diese durch die Steuerfahndung als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft im Rahmen der polizeilichen Rechte und Pflichten durchzuführen. Eine Einflussmöglichkeit einer Oberfinanzbehörde oder des Finanzministeriums auf diese klare, gesetzliche Weisungsstruktur zwischen Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung ist aus gutem Grund nicht vorgesehen.

Wie nachfolgend kursorisch und exemplarisch gezeigt wird, haben die durchzuführenden strafprozessualen Ermittlungsverfahren aufgrund der gesetzlichen Struktur und des klaren Norminhaltes weitreichende Folgen für eine Kenntniserlangung von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen auch durch Dritte.

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