Das BMF-Entwurfsschreiben v. 18.7.2022 ("BMF-Entwurf") ist im Zusammenhang mit dem erst kürzlich veröffentlichten BMF-Schreiben zu Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token zu sehen (BMF v. 10.5.2022 – IV C 1 - S 2256/19/10003 :001, BStBl. I 2022, 668; ausf. hierzu Himmer/Binder, Ubg 2022, 273) und insoweit als eine inhaltliche Ergänzung einer weiteren Tz. III zu verstehen. Es handelt sich um die zweite auf Bundesebene abgestimmte Verwaltungsverlautbarung[1] im Zusammenhang mit blockchainbasierten Vermögensgegenständen. Der Entwurf des schließlich am 10.5.2022 veröffentlichten BMF-Schreibens sah bereits einen Platzhalter für Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten vor; das BMF entschied sich indes für eine vorgezogene Veröffentlichung der materiell-rechtlichen Bestandteile und kündigte an, in naher Zukunft ein Ergänzungsschreiben zu veröffentlichen (so schon Himmer/Binder, Ubg 2022, 273, 277).

Eine bundeseinheitliche Regelung ist insoweit zu begrüßen, als sie Finanzämtern sowie Steuerpflichtigen und deren Beratern einheitliche Vorgehensweisen für die Einkünftedeklaration an die Hand gibt. Es lässt Hoffnung entstehen, dass die vereinzelt in Form von umfangreichen, undifferenzierten Fragebögen beobachteten Aufklärungsversuche einzelner Finanzämter "ins Blaue hinein" schon bald der Vergangenheit angehören (Pielke, beck.digitax 2022, 307, 309).[2] Zudem ist ein standardisierter Deklarationsprozess auch Grundlage für den Aufbau einer sachgerechten, einheitlichen Verifikation der erklärten Bemessungsgrundlagen durch die Finanzverwaltung (vgl. zur Notwendigkeit einer hinreichenden Sachverhaltsüberprüfung FG Nürnberg v. 8.4.2020 – 3 V 1239/19, EFG 2020, 1074, rkr; zur Gefahr eines strukturellen Vollzugsdefizits Andres/Hötzel/Kranz, DStR 2022, 2242, 2249).

Vor diesem Hintergrund ist es jedoch kritisch zu sehen, dass der BMF-Entwurf in vielen Einzelaspekten vage bleibt und für die nach dem Untersuchungsgrundsatz (§ 88 AO) zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtete Finanzbehörde selbst kaum praxistaugliche Regelungen vorsieht. Offene Zweifelsfragen werden tendenziell zu Lasten der Steuerpflichtigen ausgelegt, denen umfangreiche Nachweis- und Dokumentationspflichten obliegen sollen, ohne dass der BMF-Entwurf konkrete und praxisgerechte Handlungsanweisungen vorsieht.[3] Gleichzeitig ist bei Verstößen das scharfe Schwert der Schätzung vorgesehen, wovon die Finanzbehörden wohl regelmäßig Gebrauch machen werden.

Zweiteilige Gliederung des Entwurfs: Der BMF-Entwurf ist in einen allgemeinen Teil sowie jeweils einen Teil mit besonderen Hinweisen zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten im Privat- und Betriebsvermögen untergliedert.

[1] Bislang wurde ein Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Bitcoin und anderen virtuellen Währungen aus Anlass entsprechender EuGH-Rechtsprechung veröffentlicht, vgl. BMF v. 27.2.2018, BStBl. I 2018, 316 zuletzt geändert durch BMF v. 3.5.2021, BStBl. I 2021, 713.
[2] Zur Verletzung der verfassungsrechtlichen Schranken-Schranken des Übermaßverbots durch nicht hinreichend veranlasste Ermittlungsmaßnahmen Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Durchführung der Besteuerung Rz. 21.8.
[3] Vgl. zu dieser Kritik auch die Stellungnahme der BStBK vom 25.8.2022, https://www.bstbk.de/downloads/bstbk/presse-und-kommunikation/stellungnahmen/BStBK_2022-028_2022-08-25_Stellungnahme_Token_ex.pdf, sowie Pielke, beck.digitax 2022, 307, 309; Andres/Hötzel/Kranz, DStR 2022, 2242, 2249.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge