1. Grundsätze

 

Rz. 27

[Autor/Stand] Das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, und eines Vereins, dessen Zweck im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, unterliegt in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bestimmten Zeitpunkt der Erbschaftsteuer. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG wurde vom BVerfG als mit der Verfassung im Einklang stehend beurteilt.[2] Die Vorschrift sei hinreichend inhaltlich bestimmt. Einwände seien weiter weder aus Art. 3 GG noch aus Art. 14 GG zu erheben.[3]

 

Rz. 28

[Autor/Stand] Stiftungen und Vereine gibt es in zweierlei Gestalt, als rechtsfähige und als nicht rechtsfähige Gebilde. Die rechtsfähigen Stiftungen sind in den §§ 80 ff. BGB geregelt, die durch die Stiftungsgesetze der Länder ergänzt werden, die rechtsfähigen Vereine in den §§ 21 ff. BGB. Ausdrückliche Regelungen über nicht rechtsfähige Stiftungen gibt es nicht, so dass auf allgemeines Recht zurückgegriffen werden muss.[5] Mit den nicht rechtsfähigen Vereinen beschäftigt sich der weitgehend obsolete § 54 BGB .

 

Rz. 29

[Autor/Stand] § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG meint nur die rechtsfähigen Stiftungen und Vereine.[7] Das ergibt sich aus seiner Zielsetzung, die darin besteht zu verhindern, dass Vermögen über Generationen steuerfrei weitergegeben werden kann, weil es sich in einer Stiftung oder in einem Verein befindet. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn es sich jeweils um selbständige Rechtsträger handelt, auf deren Vermögen und Erträge die Beteiligten keinen oder jedenfalls keinen unmittelbaren Zugriff haben und die ihnen auch nicht als Erwerb zugerechnet werden können. Die Unterscheidung entspricht auch der Systematik des ErbStG, das zwischen rechtsfähigen Organisationsformen und nichtrechtsfähigen Vermögensmassen unterscheidet, wie § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG erkennen lässt.

 

Rz. 30

[Autor/Stand] Während die Ersatzerbschaftsteuer auf das Vermögen einer Familienstiftung in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bestimmten Zeitpunkt der Erbschaftsteuer zugreift, trifft die Familienstiftung schon aus Anlass ihrer Errichtung eine Belastung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG. Die Steuerklasse richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Stifters zu dem entferntest Bezugs-/Anfallsberechtigten, § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG. Gleiches gilt nach den allgemeinen Regeln, also den in Betracht kommenden Erwerbstatbeständen der §§ 3 und 7 ErbStG, wenn die Familienstiftung im Laufe ihres Bestehens Zustiftungen erhält oder von Todes wegen erwirbt. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG besteuert dann noch den Vermögensübergang bei Auflösung der Stiftung.

 

Rz. 31

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[5] Dazu Wochner, ZEV 1999, 125.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[7] BFH v. 25.1.2017 – II R 26/16, BStBl. II 2018, 199; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 1 ErbStG Rz. 11.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021

2. Familienstiftung

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Familienstiftung ist eine Stiftung, die wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 1 ErbStG).[2] Bei der Frage nach dem maßgeblichen Interesse der begünstigten Familie stehen die vermögensmäßigen Anrechte (Vermögensinteressen) im Vordergrund. Deren Umfang ist weit zu fassen.[3] Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien aus dem Stiftungsvermögen ziehen (zum Beispiel auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsvermögens, etwa stiftungseigener Immobilien zu Wohnzwecken).[4]

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Die Frage, wann das Interesse der Familie wesentlich ist, wurde zunächst kontrovers beantwortet. Die als notwendig erachteten Anteile der Destinatäre an laufenden Bezügen oder am zurückfallenden Vermögen wurden mit 25 %, 50 %, 75 % oder auch 90 % beziffert.[6] Ohne Auseinandersetzung mit Schrifttum und Verwaltungsmeinung hat die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung eine rein qualitative Betrachtung vorgenommen. Danach gilt: "Den (...) weit zu fassenden Vermögensinteressen bestimmter Familien dient eine Stiftung dann wesentlich i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, wenn nach der Satzung und gegebenenfalls dem Stiftungsgeschäft ihr Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen und die Stiftungserträge aus dem gebundenen Vermögen an sich zu ziehen".[7]

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Gewährt die Satzung nicht nur Familienmitgliedern, sondern auch Dritt...

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