Rz. 34

[Autor/Stand] Rechtsstaatlich erhobene Steuern setzen Tarife voraus, die es den Steuerpflichtigen ermöglichen, die Steuerschuld vorab zu ermitteln und sich beizeiten darauf einzurichten.[2] Allgemein wird der Steuertarif T(X) als funktionale Beziehung zwischen der Bemessungsgrundlage (X) und dem Steuerbetrag T bezeichnet.[3] Er gibt das Maß der steuerlichen Belastung an. Jeder steuerlichen Bemessungsgrundlage wird mittels des Tarifs ein Steuerbetrag zugeordnet. Der Höhentatbestand des Steuergesetzes setzt sich aus dem Steuermaßstab und dem Steuertarif zusammen. Bei der Grundsteuer ist der Tarif in zwei Teile gespalten.[4] Aus dem GrStG selbst kann die Belastung nicht unmittelbar abgeleitet werden, sondern nur die Messzahl.[5]

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Im ersten Schritt fußt die Berechnung der Grundsteuer auf einem Steuermessbetrag. Der gemeindliche Hebesatz wird nicht unmittelbar auf die Bemessungsgrundlage bezogen. Insoweit gleicht der Aufbau des Grundsteuertatbestands dem gestuften Steuertatbestand der Gewerbesteuer (§§ 11, 16 GewStG). Es gilt eine strikt einzuhaltende Reihenfolge. Zunächst wird das Steuerobjekt in eine Steuerbemessungsgrundlage, der Gewerbeertrag als monetäre Größe i.S.d. § 7 Satz 1 GewStG, transformiert. Der Steuermessbetrag entsteht durch multiplikative Anwendung einer Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Die jeweilige Steuermesszahl ist in beiden Regulierungen bundeseinheitlich festgelegt.[7] Die Messbeträge können damit nicht durch die Gemeinden beeinflusst werden.[8] Anstelle eines Promillesatzes ist im GewStG ein fester Prozentsatz als Steuermesszahl angegeben. Erst über die Anwendung des kommunalen Hebesatzes kommt bei beiden Steuerarten die konkrete Steuerbelastung zustande. Ein Mindesthebesatz, den § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG mit 200 % für die Gewerbesteuer regelt, ist für die Grundsteuer nicht vorgesehen, ebenso kein Höchsthebesatz. In welchem Verhältnis die Grundsteuerhebesätze der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt nach § 26 GrStG einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten, von der allerdings noch nicht Gebrauch gemacht worden ist. Die Bemessungsgrundlage wird im GrStG im Unterschied zum GewStG nicht für bestimmte Steuerobjekte um einen Freibetrag verringert (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG).

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Der Messbetrag, der sich nach Multiplikation der Steuermesszahl mit dem Einheitswert bzw. Grundsteuerwert ergibt, ist nicht Teil der Bemessungsgrundlagenermittlung.[10] Er gibt nicht an, welcher Teil des Grundbesitzwertes steuerpflichtig ist, sondern stellt den ersten Teil des gespaltenen Tarifs dar. Eine Aussage über die konkrete steuerliche Belastung des Steuerobjekts kann erst in Kenntnis des jeweils gültigen kommunalen Hebesatzes getroffen werden. Es ist dann stets eine lokal begrenzte konkrete Angabe möglich. Ggf. kommt es auch zur Zerlegung. Allgemein kann der Tarif charakterisiert werden durch die Steuerbetragsfunktion, die den Zusammenhang zwischen Steuerbemessungsgrundlage T(X) und Steuerbetrag T abbildet.[11] Dabei gilt folgender Zusammenhang:

(1) T = T(X).

Für die Grundsteuer gilt die nachfolgende Gleichung, nach der der Grundsteuerbetrag (TGr) das Ergebnis der Multiplikation von Einheitswert/Grundsteuerwert (XGr), Messzahl (MZ) und Hebesatz (H) ist:

(2) TGr = XGr · MZ · H.

Der tatsächliche Steuersatz der Grundsteuer ergibt sich durch Multiplikation der Steuermesszahl mit dem Hebesatz. Weitere tarifäre Differenzierungen gibt es nicht.[12] Wird (MZ · H) durch τGr zusammengefasst, gilt:

(3) TGr = XGr · τGr.

Zur Charakterisierung der Grundsteuer werden der Durchschnittssteuersatz ØτGr

(4)

und die marginale Steuerbelastung T’Gr (Grenzsteuersatz) herangezogen

(5) .[13]

Der Grenzsteuersatz ist die erste Ableitung der Steuerbetragsfunktion, während der Durchschnittssteuersatz das Verhältnis zwischen Steuerbetrag und Bemessungsgrundlage beschreibt.[14] Aufgrund übereinstimmender Grenz- und Durchschnittssteuersätze ist der Grundsteuertarif als proportionaler Tarif zu kennzeichnen.[15]

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Durch die Abhängigkeit vom Hebesatz ist daher stets nur ein lokaler, ortsgebundener Steuersatz zu ermitteln. In den Fällen der Grundsteuerzerlegung (§ 22 GrStG) ergibt sich ein individueller Mischsteuersatz. Eine generelle Aussage lässt sich nur auf der Basis eines durchschnittlichen Hebesatzes abgeben. Hierzu folgendes Beispiel. 2018 betrugen die Durchschnittshebesätze im Bundesgebiet für die Grundsteuer A 339 % und für die Grundsteuer B 472 %[17]. Im noch bis zum 31.12.2024 geltenden Recht liegen die durchschnittlichen Steuersätze damit bei 2,034 % (für GrSt A) und 1,652 % (für GrSt B). Unterstellt man für die Zukunft konstante Hebesätze und legt die in § 14, 15 GrStG ab 1.1.2025 geltenden neuen Messzahlen zugrunde, so liege...

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