Rz. 29

[Autor/Stand] § 96 BewG bestimmt den Begriff des freien Berufs nicht selbst, sondern verweist auf die Beschreibung der freiberuflichen Tätigkeit in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die dortige Aufzählung der sog. Katalogberufe ist nicht erschöpfend, wie sich aus der Formulierung "und ähnliche Berufe" ergibt. Ein Oberbegriff für die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgezählten – mehr oder minder heterogenen – Berufe lässt sich nicht bilden.[2]

 

Rz. 30

[Autor/Stand] § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG lautet wie folgt:

„(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind

  1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. [2]Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. [3]Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. [4]Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;”
 

Rz. 31

[Autor/Stand] Wie dieser Katalog verdeutlicht, fasst der Gesetzgeber – bedingt durch die historische Entwicklung – unter dem Oberbegriff der "freiberuflichen Tätigkeit" eine Reihe – mehr oder minder – heterogener Berufe zusammen, ohne dass sich alle aufgezählten Berufe auf einen einzigen tragenden Gesichtspunkt zurückführen lassen.[5]

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Das Vorliegen von Einkünften aus selbstständiger Arbeit und damit auch von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit setzt ebenso wie das Gegebensein von gewerblichen Einkünften (vgl. § 15 Abs. 2 EStG) eine selbstständige und nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommene Betätigung voraus.[7]

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Die Ausübung einer selbstständigen, hier namentlich einer freiberuflichen Tätigkeit hebt sich von einer gewerblichen und land- und forstwirtschaftlichen Betätigung regelmäßig dadurch ab, dass hier die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen sowie der Einsatz seines geistigen Vermögens und der durch eine qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse und nicht der Kapitaleinsatz im Vordergrund stehen.[9]

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Wenngleich sich für die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgezählten Tätigkeiten kein einheitlicher Oberbegriff bilden lässt, so kann ihnen doch als charakteristisches Kennzeichen der freiberuflichen Tätigkeit entnommen werden, dass ihnen vor allem die persönliche Arbeitsleistung aufgrund einer besonderen Ausbildung oder eines besonderen Könnens eigen ist. Allerdings kommt es insbesondere mit Blick auf die Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit nicht schlechthin auf die Aus- und Vorbildung sowie Berufsbezeichnung des Steuerpflichtigen an. Maßgebend ist vielmehr die Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit.[11] Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers.[12] Das folgt auch aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, wonach ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann freiberuflich tätig ist, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient, vorausgesetzt, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Insbesondere das Wort "eigenverantwortlich" verdeutlicht, dass – entsprechend dem historisch gewachsenen Begriff des freien Berufs – der unmittelbare persönliche Einsatz des Berufsträgers bei der Bewältigung der ihm übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ist für die Freiberuflichkeit des Berufsträgers unschädlich, solange dieser bei der Erledigung der einzelnen Aufträge leitend und eigenverantwortlich aufgrund eigener Fachkenntnisse tätig ist.[13]

Nach diesen Maßstäben kommt.z.B. eine Einordnung in den Katalogberuf des "Übersetzers" nur dann in Betracht, wenn der Steuerpflichtige aufgrund eigener Sprachkenntnisse imstande ist, die übernommene Übersetzerleistung entweder persönlich zu erbringen oder – im Rahmen der nach § 18 Abs. 1 Satz 1 EStG zulässigen Mitarbeit fachlich vorgebildeter Personen – leitend und eigenverantwortlich tätig zu werden.[14]

Im Beschluss v. 12.6.2018[15] hat der BFH die Eigenschaft eines Laborarztes als Freiberufler mangels der erforderlichen eigenverantwortlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen verneint, weil dieser in besonderem Maße au...

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