Rz. 28

[Autor/Stand] Wie bereits unter Rz. 12–19 dargestellt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass der für die Erbschaft- und Schenkungsteuer anzusetzende Wert dem modifizierten gemeinen Wert des § 162 Abs. 1 BewG entspricht. Damit verbunden ist die Fortführung des Betriebes. Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der Betrieb in einem bestimmten zeitlichen Rahmen weiterhin bestehen bleibt.

 

Rz. 29

[Autor/Stand] Dieser zeitliche Rahmen wird nach § 162 Abs. 3 BewG mit 15 Jahren festgelegt. Wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft innerhalb dieses Zeitfensters veräußert, so erfolgt die Bewertung abweichend von Abs. 1 und 2 mit dem so genannten Liquidationswert des § 166 BewG. Der Zeitraum beginnt taggenau nach dem Bewertungsstichtag und endet ebenfalls taggenau nach 15 Jahren.

 

Rz. 30

[Autor/Stand] Die Bewertung mit dem Liquidationswert erfolgt auf den ursprünglichen Bewertungsstichtag, also rückwirkend. Die Fristberechnung erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. §§ 186 ff. BGB).

 

Rz. 31

 

Beispiel:

A überträgt seinem Sohn B am 15.9.2010 den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Die Ermittlung des schenkungsteuerlich maßgebenden Wertes erfolgt nach § 162 Abs. 1 BewG mit dem Fortführungswert. Nach dem Tode des A am 30.11.2011 trägt sich B mit dem Gedanken, die Eigenbewirtschaftung aufzugeben und den Betrieb insgesamt an einen Erwerber zu veräußern. Folge: Erfolgt die Veräußerung vor dem 16.9.2025 tritt die Regelung des § 162 Abs. 3 Satz 1 BewG ein. Die Bewertung ist rückwirkend auf den Bewertungsstichtag zu korrigieren. Statt des Fortführungswertes ist nunmehr der Liquidationswert des § 166 BewG anzusetzen.

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Der Begriff des Bewertungsstichtags ist so auszulegen, dass der Tag des Überganges des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes maßgebend ist. Die für einzelne land- und forstwirtschaftliche Nutzung eingeräumten abweichenden Wertermittlungsstichtage (§ 161 Abs. 1, § 172, § 174 BewG) sind unbeachtlich, da sie lediglich für die Wertbestimmung Gültigkeit und keine Auswirkungen auf die Fristenberechnung haben.

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Ebenso wie bei der Veräußerung des Gesamtbetriebes ist der Nachbewertungsvorbehalt auch dann zu berücksichtigen, wenn Anteile an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (§ 158 Abs. 2 Satz 2 BewG) innerhalb des Zeitraumes von 15 Jahren veräußert werden.

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Der Begriff der Veräußerung ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen auszulegen.[7] Somit setzt eine Veräußerung den entgeltlich oder teilentgeltlichen Übergang eines Wirtschaftsgutes von einer Person auf eine andere Person voraus. Der Übergang eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes während der Frist des § 162 Abs. 3 BewG durch Erbfall oder Schenkung ist daher nicht als Veräußerung anzusehen.

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Ebenfalls keine Veräußerung i.S.d. § 162 Abs. 3 Satz 1 BewG liegt vor, wenn eine bestehende Gesellschaft durch Realteilung[9] aufgelöst wird oder sich eine bestehende Erbengemeinschaft auseinandersetzt. Das gilt auch bei der Einbringung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) oder bei der Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen. In diesen Fällen ist daher kein Nachbewertungsfall gegeben. Auch die Verpachtung eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft löst keinen Nachbewertungsfall aus. In diesen Fällen liegt neben dem aktiven und wirtschaftenden Betrieb beim Pächter auch ein "ruhender" Betrieb beim Verpächter und zivilrechtlichem Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vor.[10]

 

Rz. 36

[Autor/Stand] Bei der Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft liegt allerdings ein Nachbewertungsfall vor, wenn mit der Aufnahme oder Einbringung Vermögensgegenstände zivilrechtlich auf andere Personen übergehen.

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Bei der Ermittlung des Liquidationswertes ist der Wert des Grund und Bodens mit dem letzten, vor dem Bewertungsstichtag ermittelten Bodenrichtwert anzusetzen. Die übrigen Wirtschaftsgüter sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Im Regelfall führt der Liquidationswert zu einem höheren Wert als der nach § 162 Abs. 1 und 2 BewG anzusetzende Fortführungswert mit der Folge, dass die schenkungs- oder erbschaftsteuerliche Belastung höher ausfällt und eine Nachversteuerung erfolgt. Obwohl die Vorschrift des § 166 BewG keine Öffnungsklausel enthält, besteht auch bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen die Möglichkeit, den nach § 166 BewG ermittelten Liquidationswert durch ein Verkehrswertgutachten oder eine zeitnahe Veräußerung zu korrigieren, wenn der mit einem Gutachten oder der Veräußerung nachgewiesene Verkehrswert den festgestellten Liquidationswert deutlich unterschreitet und damit ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vorliegt.

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Ein solcher Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Liquidationswert den nachgewiesenen Wert um 40 % übersteigt.[14] Demgegenüber sieht der BFH eine Bewertung...

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