Rz. 192

[Autor/Stand] Einschlägige Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass Vertretungsorgane von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG oder andere Personen, die mit der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen beauftragt sind, rechtswirksam Zuwendungen zu Lasten des ihnen anvertrauten Vermögens vornehmen oder veranlassen. Empfänger sind mitunter die Handelnden selbst, oftmals auch ihnen nahe stehende Personen,[2] manchmal sogar Geschäftspartner und/oder fremde Dritte, deren Wohlwollen man erkaufen oder deren Leistungen man zusätzlich belohnen will.[3] Häufig werden aber auch Institutionen oder deren Repräsentanten begünstigt, deren Förderung angeblich im Interesse des Unternehmens liegt;[4] dies wird dann mehr oder weniger publikumswirksam dargestellt[5] oder im Falle späterer Entdeckung schlichtweg behauptet.[6]

 

Rz. 193

[Autor/Stand] Wie gerade das Mannesmann-Urteil des BGH v. 21.12.2005[8] deutlich macht, gehen solche Zuwendungen meist mit einer Kompetenzüberschreitung der handelnden Personen einher, die dabei eindeutig gegen ihre Vermögensbetreuungspflichten verstoßen.[9] Der damalige Vorsitzende Richter des 3. BGH-Strafsenats, Tolksdorf, sah anlässlich der Urteilsverkündung darin ausdrücklich Geschenke, die das Vermögen der ehemaligen Mannesmann AG vermindert haben.[10] Wurden die Vorteilsempfänger also, vermittelt durch das missbilligte Verhalten der Angeklagten, freigebig auf Kosten des Unternehmens bereichert (s. auch Anm. 437.7 m.w.N.)?[11]

 

Rz. 194

[Autor/Stand] Der objektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist verwirklicht, wenn und soweit der Bedachte keinen entgeltlichen Rechtsanspruch auf den empfangenen Vorteil hat und seinerseits nicht zu (geld-)wertadäquaten Gegenleistungen verpflichtet ist. Jedenfalls in den unter Anm. 193, 194 zitierten BGH-Urteilsfällen war dies nicht zu bezweifeln:

  • Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Bauträger-GmbH finanzierte 1999 mit 500 000 DM als Parteispende aus der Firmenkasse den Wahlkampf des Oberbürgermeisters der Stadt Wuppertal, Herrn Kremendahl, und stellte hierfür unentgeltlich einen Mitarbeiter zur Verfügung.[13]
  • In den Jahren 1995–1997 ließ der Vorstandsvorsitzende einer Verkehrs-AG auf Bitten des Verkehrsministers, der zum Aufsichtsratsvorsitzenden der AG gewählt wurde und Präsident eines Sportvereins war, verschiedenen Empfängern als Spenden an den Verein deklarierte Geldbeträge verdeckt aus der Kasse der AG zukommen.[14]
  • Unmittelbar nach Einigung über die Übernahme der Mannesmann AG durch die Vodafone plc. beschloss das Präsidium der AG auf Bitte einer Großaktionärin und mit Einverständnis der Vodafone-Geschäftsleitung die Zahlung von Anerkennungsprämien in Millionenhöhe an Vorstandsmitglieder der AG, die hierauf keinen Anspruch aus ihren Anstellungsverträgen hatten. Dass der Empfänger der höchsten Prämie das Unternehmen verlassen wird, war bekannt. Drei Empfänger schieden alsbald nach Erhalt des Geldes aus. Bei einem Empfänger handelte es sich um den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der AG, der im Jahr zuvor in das Präsidium eingetreten war, selbst um die Prämie gebeten hatte und an den entscheidenden Beschlüssen aktiv mitwirkte.[15]
 

Rz. 195

[Autor/Stand] Zivilrechtlich sind die Vorteilszuwendungen regelmäßig wirksam (§§ 35 Abs. 1 GmbHG; 78 Abs. 1, 112 AktG).[17] Schenker sind nicht die handelnden Personen, sondern allein die vertretenen Unternehmen; aus ihrem Vermögen stammt die Bereicherung der Erwerber.[18] Die objektive Unentgeltlichkeit der Zuwendungen folgt dabei aus dem Fehlen einer Gegenleistung(sverpflichtung) der Empfänger. Dies liegt insbesondere dann auf der Hand, wenn sie – wie im Mannesmann-Fall – bereits für ihre Leistungen adäquat bezahlt wurden und auch zukünftig keinerlei Leistungen für das Unternehmen zu erbringen haben ("kompensationslose Anerkennungsprämien"; s. auch Anm. 81).[19] Spenden ist das Merkmal der Unentgeltlichkeit ohnehin immanent.[20] Und auch die mit einer Zuwendung verbundene Erwartung späterer Gefälligkeiten des Empfängers – wie in den Kremendahl- und Verkehrs-AG-Fällen – bewirkt keine Entgeltlichkeit.[21]

 

Rz. 196

[Autor/Stand] Kannten die verantwortlichen Entscheidungsträger (§ 166 BGB) die Tatsachen und Umstände, die die objektive Unentgeltlichkeit begründen, ist auch der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt.[23]

  • Im Kremendahl-Fall sollte das Geld abredegemäß auf dem "rechtlich vorgesehenen Weg" als Parteispende der SPD Wuppertal zufließen. Wer derartige Zuwendungen vornimmt, dem ist die unentgeltliche Bereicherung des Empfängers bewusst; erst recht, wenn er hierbei mit Hilfe von Scheinspendern Umwege geht, um eine Offenlegung seiner Spendabilität nach dem PartG zu vermeiden.[24] Hinzu kommt, dass auch eine Einigung über die mittelbar dem Oberbürgermeister zugedachten Vorteile zustande gekommen war, die letztlich zu einer Strafverfolgung der Beteiligten wegen §§ 331 Abs. 1, 333 Abs. 1 StGB führte; an einer willentlichen Begünsti...

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