a) Passive Rechnungsabgrenzungsposten

 

Rz. 136

[Autor/Stand] Passiven Rechnungsabgrenzungsposten kommt anders als den (gewissen) Verbindlichkeiten und Rückstellungen nicht die Rechtsqualität eines (passiven) Wirtschaftsguts zu.[2] Es handelt sich um sog. "transitorische Posten", bei denen die (liquiditätswirksame) Einnahme als Vermögenszugang der verursachungsgerechten späteren Ertragserzielung nach Maßgabe eines zeitlichen Bestimmheitserfordernisses vorangeht. Die eigene Leistung des Steuerpflichtigen steht noch aus. Erst wenn der Steuerpflichtige diese erfüllt hat, sind die Erträge "verdient" und damit im bilanziellen Sinne realisiert.[3]

Der Anwendungsbereich der Rechnungsabgrenzung betrifft in erster Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages i.S.v. §§ 320 ff. BGB. Er ist aber nicht auf zivilrechtliche, d.h. synallagmatische schuldrechtliche Leistungen beschränkt.[4] Erfasst werden auch Fälle, in denen die gegenwärtigen Verpflichtungen ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben.[5]

 

Rz. 137

[Autor/Stand] In diesem Sinne statuiert § 250 Abs. 2 HGB ein Passivierungsgebot für "Einnahmen vor dem Bilanzstichtag ..., soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen."

 

Rz. 138

[Autor/Stand] Entsprechende Grundsätze gelten auch für das Steuerbilanzrecht. So dient auch das Passivierungsgebot des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG der abschnittsbezogenen wirtschaftlichen Erfolgszuordnung bei den laufenden Betriebseinnahmen. "Der Sinn dieser Vorschrift (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) liegt darin, Einnahmen dem Jahr zuzuordnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Die Ertragswirkung der Einnahmen soll in die Periode verlagert werden, in der die korrespondierenden Aufwendungen anfallen."[8]

 

Rz. 139

[Autor/Stand] Die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens setzt kumulativ voraus, dass

  (1) eine Einnahme vor dem Abschlussstichtag erfasst wurde (z.B. durch Barzahlung, Überweisung oder Aufrechnung),
  (2) diese Einnahme nach dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Verursachung Ertrag nach dem Stichtag darstellt; die dem Vermögenszugang gegenüberstehende eigene Verpflichtung zur Leistung muss durch den Steuerpflichtigen erst noch erfüllt werden, um eine Ertragsrealisierung zu bewirken,
  (3) eine konkret fixierte und zeitraumbezogene Gegenleistungsverpflichtung des Steuerpflichtigen besteht.[10]
 

Rz. 140

[Autor/Stand] Die in der Handelsbilanz und Steuerbilanz gebildeten Rechnungsabgrenzungsposten stellen nach zutreffender h.M. "sonstige Abzüge" i.S.v. § 103 Abs. 1 BewG dar.[12] Der dagegen in Teilen der Literatur[13] erhobene Einwand, den passiven Rechnungsabgrenzungsposten lägen keine Verbindlichkeiten zugrunde und sie dienten ertragsteuerrechtlich vor allem der periodengerechten Ertragsverrechnung, trifft zwar zu, vermag m.E. aber nicht die betriebsvermögensmindernde Wirkung dieser Passivposten auch in der für bewertungs- und erbschaftsteuerrechtliche Zwecke auf den Bewertungsstichtag (vgl. §§ 11, 9 ErbStG) insb. in den Fällen der Mindestbewertung zu errichtenden Vermögensaufstellung zu verhindern:

Durch die Vorausleistung des Vertragspartners des Betriebsinhabers hat sich das Betriebsvermögen des Betriebsinhabers erhöht. Andererseits obliegt Letzterem aber die noch nicht – nicht einmal teilweise – erfüllte Verpflichtung zu der mit der Vorausleistung korrespondierenden Gegenleistung.

 

Rz. 141

 

Beispiel:

Der bilanzierende gewerbliche Unternehmer U hat einen Teil seines zum (gewillkürten) Betriebsvermögen gehörenden Gebäudes an M vermietet. M hat bereits im Oktober 01 die gesamte Miete für das Jahr 02 i.H.v. 12.000 EUR auf das betriebliche Bankkonto des U überwiesen.

U hat in seiner Bilanz zum 31.12.01 zutreffend einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten i.H.v. 12.000 EUR ausgewiesen. Am 1.1.02 ist U verstorben.

Lösung:

Der passive Rechnungsabgrenzungsposten i.H.v. 12.000 EUR ist in die Vermögensaufstellung auf den 1.1.02 zu übernehmen. Würde man anders verfahren und den passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht ansetzen, so hätte man zwar auf der einen Seite die durch die Überweisung bewirkte Vergrößerung des betrieblichen Bankguthabens oder Verminderung eines Debetsaldos auf einem betrieblichen Bankkonto betriebsvermögenserhöhend berücksichtigt, auf der anderen Seite aber den betriebsvermögensmindernden Umstand negiert, dass der unentgeltliche Unternehmensnachfolger dazu verpflichtet ist, dem M die Nutzung der Mietsache für das gesamte Jahr 02 ohne Anspruch auf ein (weiteres) Mietentgelt zu überlassen.

 

Rz. 142

[Autor/Stand] Für nicht bilanzierende Gewerbetreibende und Freiberufler, die ihren Gewinn zumeist durch Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln, spielen die Rechnungsabgrenzungsposten bei der Gewinnermittlung naturgemäß zwar keine Rolle. Gleichwohl müssen sie m.E. im Rahmen der ausnahmsweisen (Einzel-)Bewertung des Betriebsvermögens schon aus Gründen des allgemeinen steuerrechtlichen Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) in derselben Weise als...

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