Rz. 131

[Autor/Stand] Innerhalb des Sachwertverfahrens wird in der Praxis der Wertansatz pro Flächeneinheit zu Bewertungsunterschieden beitragen. Zwar sind die Regelherstellungskosten des § 190 BewG, die in Anlage 24 zum Bewertungsgesetz abgedruckt sind, rechnerisch aus den Normalherstellungskosten 2000 abgeleitet, die in Anlage 7 zur WertR 2006 abgedruckt sind. Dennoch ergeben sich wesentliche Unterschiede. Diese lassen sich bereits aus der äußerst stark eingeschränkten Differenzierung der Regelherstellungskosten gegenüber den Normalherstellungskosten ablesen.

aa) Preisstand

 

Rz. 132

[Autor/Stand] Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus der Tatsache, dass die Regelherstellungskosten der Anlage 24 zum Bewertungsgesetz für Bewertungsstichtage bis zum 31.12.2011 den Preisstand zum 1.1.2007 wiedergeben. Für Stichtage ab dem 1.1.2012 ist die Anlage 24 zum BewG mit dem Preisstand zum 1.1.2010 maßgebend. Eine rechnerische Indizierung der Regelherstellungskosten zum jeweiligen Bewertungsstichtag ist bei einer Bewertung nach dem Bewertungsgesetz – anders als bei einer Bewertung nach der ImmoWertV – gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Rz. 133

[Autor/Stand] Aus dieser Tatsache lässt sich ableiten, dass sich bei der Bewertung im Sachwertverfahren nach dem Bewertungsgesetz bei steigenden Baupreisen tendenziell eine Unterbewertung ergibt. Die Unterbewertung wird sich – steigende Baupreise unterstellt – mit zunehmender zeitlicher Entfernung des Bewertungsstichtags vom jeweiligen Zeitpunkt des Preisstandes umso stärker ausprägen. Ob sich hieraus eine erneute schleichende Unterbewertung ergeben kann, die zur Verfassungswidrigkeit führt, erscheint fraglich, weil das Bundesministerium der Finanzen durch § 190 Abs. 1 Satz 4 BewG ermächtigt ist, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlage 24 zum Bewertungsgesetz zu ändern, um die dort aufgeführten Regelherstellungskosten nach Maßgabe marktüblicher gewöhnlicher Herstellungskosten und des vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindex zu aktualisieren, soweit dies zur Ermittlung des gemeinen Werts erforderlich ist. Solange eine derartige Aktualisierung der Regelherstellungskosten des Bewertungsgesetzes jedoch nicht erfolgt ist, muss grundsätzlich – zum Nachteil des Steuerzahlers – davon ausgegangen werden, dass insoweit bei einem Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts höhere Normalherstellungskosten anzusetzen sind.

 

Rz. 134

[Autor/Stand] Die Regelherstellungskosten der Anlage 24 zum Bewertungsgesetz können insbesondere dann zu Überbewertungen führen, wenn mangelnde Differenzierungsmöglichkeiten oder fehlende Grundstückstypen den Ansatz von solchen Regelherstellungskosten verlangen, die dem zu bewertenden Objekt möglichst entsprechen. Derartige Typisierungen dürfen sich allenfalls zum Vorteil, nicht jedoch zum Nachteil des Steuerzahlers auswirken. Die genaueren Differenzierungsmöglichkeiten beim Ansatz der Normalherstellungskosten im Rahmen des Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts führen daher zu genaueren Bewertungsergebnissen und können vom Steuerzahler zu seinem Vorteil genutzt werden.

bb) Marktanpassungsfaktoren

 

Rz. 135

[Autor/Stand] Bei der Ermittlung des gemeinen Werts sind nicht nur die objektspezifischen Grundstücksmerkmale, sondern auch die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt zu berücksichtigen. Dies erfolgt innerhalb der ImmoWertV[6] durch Marktanpassungsfaktoren,[7] sofern die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt nicht bereits auf andere Weise in die Wertermittlung eingegangen sind.[8] Dagegen erfolgt eine Berücksichtigung innerhalb des Bewertungsgesetzes lediglich bei der Anwendung des Sachwertverfahrens durch Anwendung von Wertzahlen (§ 191 BewG).

 

Rz. 136

[Autor/Stand] Zwar sind als Wertzahlen die Sachwertfaktoren anzuwenden, die von den Gutachterausschüssen für das Sachwertverfahren bei der Verkehrswertermittlung abgeleitet wurden. Jedoch zeigt sich zurzeit in der Praxis teilweise, dass die Sachwertfaktoren der Gutachterausschüsse für ein Bewertungssystem ermittelt worden sind, die beispielsweise von einer nichtlinearen Alterswertminderung (nach Ross) ausgehen. Das Bewertungsgesetz und auch die neue ImmoWertV gehen dagegen von einer linearen Alterswertminderung aus. Somit können die bisherigen Sachwertfaktoren der Gutachterausschüsse nicht unmittelbar bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts nach dem Bewertungsgesetz übernommen werden. Deshalb sieht § 191 Abs. 2 BewG vor, dass pauschale Wertzahlen der Anlage 25 zum Bewertungsgesetz maßgebend sind, sofern von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Sachwertfaktoren zur Verfügung stehen.

Dies führt teilweise zu erheblichen Verwerfungen und nicht plausiblen Bewertungsergebnissen (vgl. Erläuterungen zu § 191 BewG). In den Fällen, in denen der örtliche Gutachterausschuss den Grundstücksmarktbericht unter Berücksichtigung der Sachwertrichtlinie[10] aufgestellt hat, dürfte sich die Anwendung der dort ausgewiesenen Faktoren bei einer Bewertung nach dem Sachwertver...

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