I. Einteilung der Bewertungsmaßstäbe

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Bei dem gemeinen Wert handelt es sich um den originären Bewertungsmaßstab des steuerrechtlichen Bewertungsrechts. Daneben gibt es weitere spezielle, aus den Grundsätzen des gemeinen Werts ableitbare Bewertungsmaßstäbe.[2] Dazu gehören:

  • Teilwert[3] für Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen dienen, § 10 BewG;
  • Kurswert für Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel bzw. geregelten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind, § 11 Abs. 1 BewG;
  • Rücknahmepreis für Anteile an Investmentfonds, § 11 Abs. 4 BewG;
  • Nennwert für Kapitalforderungen und Schulden, § 12 Abs. 1 BewG;
  • Rückkaufswert für noch nicht fällige Ansprüche auf Lebens-, Kapital- oder Rentenversicherungen, § 12 Abs. 4 BewG;
  • Kapitalwert für wiederkehrende, jedoch zeitlich beschränkte Nutzungen und Leistungen, § 13 Abs. 1 BewG;
  • Kapitalwert für wiederkehrende immerwährende Nutzungen oder Leistungen, § 13 Abs. 2 Alt. 1 BewG;
  • Kapitalwert für wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer, § 13 Abs. 2 Alt. 2 BewG;
  • Kapitalwert für wiederkehrende lebenslängliche Nutzungen und Leistungen, § 14 Abs. 1 BewG;
  • Ertragswert für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, § 36 BewG.

Nicht zu den besonderen Erscheinungsformen des gemeinen Werts gehören die Sonderfälle Einheitswert (§ 19 BewG) und Steuerbilanzwert des Betriebsvermögens (§ 109 BewG) und Bedarfswert (§ 138 Abs. 5 BewG).

 

Rz. 22– 30

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.08.2023
[3] Zur Abgrenzung gegenüber § 9 BewG: FG Köln v. 16.4.2015 – 10 K 2087/14, EFG 2016, 296, unter 2b) bb) aaa).
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.08.2023

II. Verhältnis der Bewertungsmaßstäbe

 

Rz. 31

[Autor/Stand] Aufgrund seiner Bestimmung zum allgemeinen Bewertungsmaßstab ist bei der Bewertung eines Wirtschaftsgutes stets der gemeine Wert zugrunde zu legen, soweit nicht im Bewertungsgesetz selbst oder in anderen Regelungen ein spezieller Bewertungsmaßstab ausdrücklich vorgeschrieben wird. Bestehen gesetzliche Vorschriften mit gesonderten Wertbegriffen oder gesonderten Wertermittlungsgrundsätzen, gehen diese als spezielle Regelungen für ihren jeweiligen Anwendungsbereich den allgemeinen Regelungen zum gemeinen Wert vor. Die Berücksichtigung der allgemeinen Bewertungsgrundsätze zum gemeinen Wert wird dadurch zwar nicht ausgeschlossen, jedoch insoweit eingeschränkt, als sie sich für die Bewertung aufgrund der speziellen Regelung nicht eignen.[2]

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Sachleistungsansprüche, die ihrer Eigenart nach nicht auf Geld, sondern auf die Übertragung eines bestimmten Wirtschaftsgutes gerichtet sind, sind mit dem gemeinen Wert des Anspruchs anzusetzen.[4] Der gemeine Wert des Sachleistungsanspruchs entspricht regelmäßig dem Betrag, der für den Erwerb des Gegenstandes im gewöhnlichen Verkehr aufgewendet werden muss.[5] Dieser Grundsatz ist in all denjenigen Fällen von Bedeutung, in denen das Bewertungsgesetz für Wirtschaftsgüter vom gemeinen Wert nach § 9 BewG abweichende und zu einem niedrigeren Wert führende besondere Bewertungsverfahren bestimmt oder in Abhängigkeit vom Einzelfall sogar eine Steuerbefreiung (z.B. beim Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG)[6] vorgesehen ist.

Nach dem BFH[7] soll im Falle des Stückvermächtnisses der Erwerb von Grundbesitz durch den Vermächtnisnehmer nicht mit dem Grundstückswert (vgl. §§ 138 ff. BewG) angesetzt werden, sondern mit dem gemeinen Wert nach § 9 BewG.[8] Der Vermächtnisnehmer erwerbe nicht das Grundstück, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks (vgl. § 2174 BGB). Beim Erben sei die Sachleistungsverpflichtung gegenüber dem Vermächtnisnehmer ebenfalls mit dem gemeinen Wert zu bewerten, das Grundstück im Nachlass jedoch nur mit dem Steuerwert zu berücksichtigen.[9]

 

Rz. 33

[Autor/Stand] Die steuerliche Bewertung einer stillen Beteiligung soll nach der Rechtsprechung entsprechend der Behandlung von Kapitalforderungen nach § 12 BewG erfolgen. Dies wird mit Verweis auf die handels- bzw. steuerrechtliche Bilanzierung damit begründet, dass es sich bei einer stillen Beteiligung letztendlich um einen "qualifizierten Kredit" handele.[11] Im Hinblick auf die vielfältigen vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten einer stillen Beteiligung hängt es m.E. aber vom Einzelfall ab, ob eine stille Beteiligung als "Anteil" nach den Grundsätzen des § 9 BewG mit dem gemeinen Wert – ggf. auf der Grundlage einer Unternehmensplanung – oder als Kapitalforderung mit dem Nominalwert zu bewerten ist. Bei einer stillen Beteiligung kann es sich danach sowohl um ein nach § 9 BewG zu bewertendes Wirtschaftsgut als auch eine mit dem Nennwert nach § 12 BewG zu bewertende Forderung handeln. Dabei wird zu beachten sein, dass für eine Bewertung nach § 9 BewG besondere unternehmerische Aspekte bei der stillen Beteiligung festgestellt werden können.

 

Rz. 34

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