Rz. 1201

[Autor/Stand] Die Frage, ob Wirtschaftsgüter, die den Gesellschaftern gehören und dem Betrieb der Gesellschaft dienen (Gesellschaftervermögen), in die Bewertung des Betriebs einzubeziehen waren, war seit jeher Gegenstand rechtlicher Überlegungen gewesen. Das RBewG 1931 hatte diese Frage in § 44 Abs. 2 Ziff. 3 ausdrücklich so geregelt, dass zum gewerblichen Betrieb einer Personengesellschaft auch solche Gegenstände gehörten, die im Eigenbesitz einer oder mehrerer oder aller an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter standen und dem Betrieb dieser Gesellschaft dienten. Das RBewG 1934 hatte nun zwar die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 und des § 44 Abs. 2 Ziff. 3 RBewG 1931 in die §§ 54 Abs. 1 Satz 1 (= § 95 Abs. 1 Satz 1 BewG 1965) und 56 Abs. 1 Ziff. 4 (= § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG 1965) übernommen, jedoch ohne den Zusatz über die Hinzurechnung der den Gesellschaftern gehörenden und dem Betrieb der Gesellschaft dienenden Wirtschaftsgüter. In der Begründung zum RBewG 1934 wurde zu dieser Streichung des Zusatzes ausgeführt, dass "künftig Wirtschaftsgüter, die Gesellschaftern gehören, nicht mehr zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören". Nach dieser amtlichen Begründung sollte für die Einbeziehung in den gewerblichen Betrieb entscheidend sein, ob die Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft selbst oder der Gesamtheit der Gesellschafter gehören, wobei es unerheblich sein sollte, dass die Anteile der Gesellschafter an den betreffenden Wirtschaftsgütern verschieden hoch sind. Dagegen sollten Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters stehen, nicht bei der Gesellschaft, sondern beim Gesellschafter selbst angesetzt werden. Solche Wirtschaftsgüter sollten beim Gesellschafter nicht zum Betriebsvermögen rechnen (außer wenn der Gesellschafter selbst eine der in § 56 Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 BewG [= § 97 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BewG 1965] bezeichneten Körperschaften sei), weil Betriebsinhaber die Gesellschaft (die Gesamtheit der Gesellschafter) sei; die Wirtschaftsgüter seien dem sonstigen Vermögen, dem Grundvermögen oder dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen des Gesellschafters zuzurechnen. Nur wenn die der Gesellschaft überlassenen Wirtschaftsgüter so umfangreich sind, dass sie die wesentliche Grundlage des Betriebs der Gesellschaft bilden, sollten sie als ein besonderer gewerblicher Betrieb des Gesellschafters angesehen und bei ihm als Betriebsvermögen angesetzt werden.[2]

 

Rz. 1202

[Autor/Stand] In der Folgezeit trat dann eine Wandlung in der Auslegung der §§ 54 und 56 Abs. 1 Ziff. 4 BewG (= § 95 und § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG 1965) und auch in der Rechtsprechung des RFH ein. Zunächst ging der RFH davon aus, die Feststellung des Betriebsvermögens einer OHG oder einer KG ("Unternehmergemeinschaft") für die Bewertung des Betriebsvermögens sei nichts anderes als die Verbindung der Betriebsvermögensmassen mehrerer Einzelkaufleute zu einer Einheit. Bei Personengesellschaften gebe es zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern i.d.R. weder Schulden noch Darlehen. Schließlich lehnte der RFH im Urteil vom 9.3.1944[4] die Auffassung ab, dass nur die der Gesamtheit der Gesellschafter gehörenden Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen einer OHG oder KG gehören würden, und entschied, dass in das Betriebsvermögen einer "Unternehmergemeinschaft" regelmäßig auch die dem einzelnen Mitunternehmer gehörenden, notwendig dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter einzubeziehen seien. Er begründete seine Auffassung im Wesentlichen damit, dass das einem Gesellschafter gehörige Wirtschaftsgut nur dann nicht zum Betriebsvermögen gerechnet werden könne, wenn die Gesamtheit der Gesellschafter als solche, nicht aber die einzelnen Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen seien. Das BewG und das VStG würden aber die Gesellschaft zur gesamten Hand in eine Beteiligung der einzelnen Gesellschafter nach Bruchteilen auflösen und demgemäß als Betriebsinhaber nicht die Gesellschaft, sondern die einzelnen Gesellschafter behandeln. Deshalb könne ein Gesellschafter kein dem Betrieb der Gesellschaft gewidmetes Wirtschaftsgut haben, das nicht zum Betriebsvermögen zu rechnen sei. Auch der BFH[5] entschied unter Hinweis auf das vorstehend angeführte RFH-Urteil v. 9.3.1944, dass Unternehmer und Betriebsinhaber einer Personengesellschaft steuerlich nicht die Personengesellschaft als solche sei, sondern jeder Gesellschafter sei selbst Unternehmer des Betriebs.

 

Rz. 1203

[Autor/Stand] Der BFH befasste sich vor allem in der grundlegenden Entscheidung v. 10.4.1964[7] mit der Frage, ob der Wortlaut der §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Ziff. 7 BewG 1934 – nunmehr §§ 95 Abs. 1 und 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG – und die Begründung über den Wegfall des im RBewG 1931 enthalten gewesenen Zusatzes über die Hinzurechnung der den Gesellschaftern gehörigen Wirtschaftsgüter einer Zurechnung dieser Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen entgegenstünden. Er verneinte diese Frage und entschied, dass die den einzelnen Mitunternehmern gehörenden Wirtschaftsg...

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