Rz. 92

[Autor/Stand] Der gesonderte Ansatz der Wirtschaftsgüter und Schulden des jungen Betriebsvermögens erfolgt nur, wenn die eingelegten Wirtschaftsgüter und Schulden am Bewertungsstichtag ihrem Wert nach noch im Betriebsvermögen vorhanden und nicht wieder entnommen oder ausgeschüttet worden sind.[2]

 

Rz. 93

[Autor/Stand] Die verwaltungsseitig geforderte Voraussetzung, dass die Wirtschaftsgüter am Bewertungsstichtag noch im Unternehmensvermögen vorhanden sein müssen, ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 200 Abs. 4 BewG. Dennoch erscheint die Regelung plausibel. Denn nach der Zielsetzung des § 200 Abs. 4 BewG soll letztlich die volle Ertragskraft der innerhalb von zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag eingelegten Wirtschaftsgüter abgebildet werden. Sofern diese Wirtschaftsgüter nach erfolgter Einlage vor dem Bewertungsstichtag bereits wieder entnommen worden sind, entfällt der Anlass für einen gesonderten Ansatz des gemeinen Werts für diese Wirtschaftsgüter. Die Wirtschaftsgüter dürften während der – vorübergehenden – Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen zu einer Ertragssteigerung beigetragen haben. Mithin besteht kein Anlass für die im Gesetzgebungsverfahren angestrebte Erfassung von fiktiven Erträgen, die auf die Wirtschaftsgüter des jungen Betriebsvermögens entfallen. Vielmehr stellt sich in diesem Zusammenhang die umgekehrte Frage, ob im Interesse der zutreffenden Ermittlung des zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrags eine korrigierende Abrechnung der tatsächlich im Ausgangswert enthaltenen temporären Erträge erforderlich ist. Es muss wohl davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung in derartigen Fällen von einer Ertragskorrektur absieht. Eine verwaltungsseitige Regelung fehlt hierzu.

 

Rz. 94

[Autor/Stand] Im Übrigen erscheint es durchaus fraglich, in welchem Umfang derartige Sachverhaltskonstellationen bei der praktischen Bewertungsarbeit ermittelt und beurteilt werden. Bei einem innerhalb von zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag eingelegten Grundstück, das vor dem Bewertungsstichtag wieder entnommen worden ist, dürfte es allein wegen der besonderen Werthaltigkeit des Wirtschaftsguts möglich sein, diesen Vorgang zu erkennen und zutreffend zu würdigen. Bei anderen Einlagen, bei denen das Wertvolumen marginal ist, dürften entsprechende Defizite bei der Sachverhaltsermittlung nicht unwahrscheinlich sein.

 

Rz. 95

[Autor/Stand] R B 200 Abs. 5 ErbStR 2011 stellt nicht darauf ab, ob das Wirtschaftsgut am Bewertungsstichtag noch vorhanden ist. Vielmehr ist maßgebend, ob die Wirtschaftsgüter des jungen Betriebsvermögens am Bewertungsstichtag "ihrem Wert nach" noch vorhanden sind und nicht wieder entnommen oder ausgeschüttet wurden. Somit erfolgt der gesonderte Ansatz der Wirtschaftsgüter des jungen Betriebsvermögens auch dann, wenn sich ein eingelegtes Wirtschaftsgut i.S.d. § 200 Absatz 4 BewG am Bewertungsstichtag nicht mehr im Betriebsvermögen befindet, sondern ein Wirtschaftsgut, das an dessen Stelle getreten ist (Surrogat). In diesen Fällen muss das Surrogat mit dem Wert am Bewertungsstichtag angesetzt werden. Hierbei kann der anzusetzende Wert ggf. niedriger oder höher sein als der Wert, der dem eingelegten Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Einlage beizumessen war.

 

Rz. 96

 

Beispiel 1

Der Steuerzahler hat innerhalb von zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag ein Grundstück mit einem Grundbesitzwert von 500 000 EUR in das zu bewertende Unternehmen eingelegt. Kurz nach der Einlage veräußerte er das Grundstück. Von dem Veräußerungserlös kauft der Unternehmer ein anderes Grundstück, das im Bewertungsstichtag lediglich einen Grundbesitzwert von 400 000 EUR hat.

Das an die Stelle des eingelegten Grundstücks getretene Grundstück ist mit dem gemeinen Wert von 400 000 EUR neben dem Ertragswert anzusetzen.

 

Rz. 97

[Autor/Stand] Wegen der im vorstehenden Beispiel dargestellten Wertschwankungen dürfte die Regelung, nach der auch ein Surrogat anzusetzen ist, in der Bewertungspraxis nicht unproblematisch sein.

 

Rz. 98

 

Beispiel 2

Ein Steuerzahler legt einen Geldbetrag von 100 000 EUR durch Überweisung auf das betriebliche Bankkonto in das Betriebsvermögen ein und erhöht das betriebliche Bankkonto dadurch auf insgesamt 150 000 EUR. Anschließend kauft der Steuerzahler Wertpapiere im Wert von 120 000 EUR durch Überweisung vom betrieblichen Bankkonto. Wegen einer ungünstigen Kursentwicklung werden die erworbenen Wertpapiere vollständig zu einem Preis von lediglich 60 000 EUR veräußert. Der Kaufpreis geht in vollem Umfang auf dem betrieblichen Bankkonto ein. Vor dem Bewertungsstichtag entnimmt der Steuerzahler einem Betrag von 20 000 EUR, indem er den Betrag von seinem betrieblichen Bankkonto auf ein privates Konto überweist. Somit weist das betriebliche Bankkonto am Bewertungsstichtag einen Kontostand von 70 000 EUR aus.

 

Rz. 99

[Autor/Stand] Aus dem dargestellten Sachverhalt kann abgeleitet werden, dass nicht eindeutig feststeht, ob und mit welchem Wert der eingelegte Geldbetrag als Wirtschaftsgut des ju...

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