Rz. 115

[Autor/Stand] § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG befreit im Rahmen einer Grundsatz-Ausnahmeregelung solchen Grundbesitz von der Grundsteuer, der durch einen inländischen öffentlichen Rechtsträger für einen öffentlichen Zweck – öffentlicher Dienst oder Gebrauch i.S.d. § 3 Abs. 2 GrStG (Einzelheiten s. Rz. 591 ff.) – genutzt wird. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals Öffentlicher Dienst oder Gebrauch erfolgt eine inhaltliche Vorgabe durch die Legaldefinition in § 3 Abs. 2 GrStG. Nach dieser Vorschrift ist öffentlicher Dienst oder Gebrauch i.S.d. § 3 GrStG die hoheitliche Tätigkeit oder der bestimmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit. Mit dem Sammelbegriff Öffentlicher Dienst oder Gebrauch soll die oft sehr schwierige Unterscheidung vermieden werden, ob im Einzelfall das eine oder andere vorliegt; denn beide Begriffe gehen ineinander über.[2] Insb. darf gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 GrStG ein Entgelt für den Gebrauch durch die Allgemeinheit nicht in der Absicht, Gewinn zu erzielen, gefordert werden.

 

Rz. 116

[Autor/Stand] Unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Grundstück einem bestimmten öffentlichen Zweck dient oder dafür gebraucht wird, wird im GrStG nicht im Detail, auch nicht in § 3 Abs. 2 GrStG, geregelt. Allgemein kann unter öffentlichem Zweck jeder Gemeinwohlbelang, d.h. dem allgemeinen Wohl der Gesellschaft dienende Umstand subsumiert werden. Entscheidend sind damit für die Annahme des öffentlichen Zwecks über die Interessen des Einzelnen hinausgehende die Allgemeinheit betreffende Aspekte.

 

Rz. 117

[Autor/Stand] Zur Erlangung der Grundsteuerbefreiung muss das Grundstück für eine hoheitliche Tätigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG benutzt werden. Benutzung des Grundbesitzes bedeutet die Verwendung des Grundstücks für den der konkreten Liegenschaft von berechtigter Stelle zugewiesenen öffentlichen Zweck. Maßgeblich ist, dass das Grundstück im Ergebnis für einen vorab bestimmten Zweck tatsächlich genutzt wird, d.h. der Verwirklichung des Zwecks der hoheitlichen Tätigkeit bzw. dem dazu vorgesehenen Gebrauch dient (vgl. § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG). Eine besondere Qualifikation der Fläche durch Widmung als öffentliche Sache in einem vom öffentlichen Recht geprägten Sinne wird durch den Wortlaut des GrStG nicht gefordert.[5]

 

Rz. 118

[Autor/Stand] Die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG tritt nach § 7 Satz 1 GrStG jedoch nur ein, wenn der Steuergegenstand für den steuerbegünstigten Zweck unmittelbar benutzt wird. Dies ist der Fall, wenn der Steuergegenstand tatsächlich dem öffentlichen Benutzungszweck zugeführt wird und eine zur faktischen Einheit führende enge Verbundenheit zwischen dem Steuergegenstand, der inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts als Person des Nutzenden und dem steuerbegünstigten Zweck besteht.[7]

 

Rz. 119

[Autor/Stand] Der Begriff Benutzen ist zusätzlich unter Einbeziehung des § 8 GrStG auszulegen. Handelt es sich im Verhältnis zum Gesamtobjekt des Grundbesitzes allenfalls um einen kleinen Teilbereich, der noch als steuerbegünstigte Nutzung angesehen werden kann, der aber nach der Regelung des § 8 Abs. 2 GrStG nicht die Steuerbegünstigung des Objekts begründen kann, scheidet die Annahme des Tatbestandsmerkmals aus. Auch die Tatsache, dass für die Verwaltung eines bislang für öffentliche Zwecke genutzten nunmehr aber leerstehenden Objekts Arbeitsstunden angefallen und Unterhaltungskosten entstanden sind, führt bei Üblichkeit für derartige Objekte mangel Erfüllung des Tatbestandsmerkmals Benutzen nicht zu einer Steuerbefreiung in diesem Zusammenhang.[9]

 

Beispiel: 5

Einem öffentlichen Zweck dient grundsätzlich der Grundbesitz der Bundeswehr, wenn er für die der Bundeswehr typischen Zwecke benutzt wird, z.B. Munitionsdepot. Sofern das Grundstück von der Bundeswehr wegen Aufgabe der militärischen Einrichtung geräumt wird, endet der ursprüngliche militärische Zweck des Grundstücks. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, dass anschließend einzelne Kellerräume in den betreffenden Gebäuden am maßgeblichen Stichtag nicht geräumt und erst später an die Standortverwaltung übergeben werden.

 

Rz. 120

[Autor/Stand] Für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "benutzen" i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG ist es ausreichend, wenn die Nutzung des Grundstücks in einem inneren Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit steht.

 

Beispiel:

Errichtung und Betrieb eines Aus- und Fortbildungszentrums für Bedienstete von Sparkassen

Ein solcher innerer Zusammenhang besteht auch dann, wenn die für die Verwirklichung des öffentlichen Zwecks notwendigen Grundstücke bei geeigneten Gelegenheiten kostengünstig eingekauft werden, auch wenn die Verwirklichung des öffentlichen Zwecks, z.B. aufgrund der Flächengröße, noch nicht unmittelbar möglich ist. Maßgeblich insoweit ist, dass im Ergebnis mit dem Grundstück der Verwirklichung der gesetzlichen Aufgaben nachgekommen wird. Entsprechendes muss durch den die Steuerbefreiung beantragenden Rechtsträger schlüssig vorgetragen werden.[11]

 

Rz. 121– 145

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