Der BFH hatte jüngst Gelegenheit, sich mit Fragestellungen im Zusammenhang mit der Sperrfristenregelung des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG auseinanderzusetzen.[5] In den entschiedenen Fällen ging es um Fallgestaltungen von mehrstöckigen Personengesellschaften, die oftmals steuerlichen Sonderbeurteilungen unterliegen, da deren ertragsteuerliche Transparenz nicht dem gesellschaftsrechtlichen Rechtsträgeransatz entspricht.[6]

Im Kern ging es um die Fragen,

  • ob es auf Grund eines Formwechsels einer Obergesellschaft in die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und
  • ob es trotz Vollaufdeckung der stillen Reserven im Zuge einer vollentgeltlichen Anteilsübertragung

zu einem Sperrfristverstoß i.S.d. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG kommt.

[6] Vgl. Roser, WPg 2022, 479 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH.

1. Sperrfristverstoß wegen Wechsels in das Körperschaftsteuerregime (BFH v. 15.7.2021 – IV R 36/18)

a) Entscheidungssachverhalt

Die BFH-Entscheidung vom 15.7.2021[7] betraf eine dreistöckige Personengesellschaft. Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahre 2012 aus der formwechselnden Umwandlung der T-GmbH & Co. KG (T-KG) hervorgegangen ist. An der T-KG war als alleinige Kommanditistin die Mutterpersonengesellschaft (M-KG) sowie die nicht am Vermögen beteiligte T-GmbH beteiligt. An der M-KG waren wiederum die beiden natürlichen Personen M als Komplementär mit 80,1 % und N als Kommanditist mit 8,9 % sowie die E-GmbH als weitere Kommanditistin mit 11 % beteiligt. Die T-KG selbst war wiederum zu 100 % als einzige Kommanditistin an der E-GmbH & Co. KG (E-KG) beteiligt.

Im Streitjahr 2010 brachte die T-KG ein zu ihrem Gesamthandsvermögen gehörendes Betriebsgrundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die E-KG ein. Die Einbringung des Betriebsgrundstücks wurde nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG buchwertneutral behandelt.

Im Anschluss daran erfolgte im Jahr 2012 eine Umstrukturierung der Unternehmensgruppe, und zwar dergestalt, dass

  (1) eine unentgeltliche Anteilsübertragung von N auf M erfolgte
  (2) die E-GmbH einen Zwerganteil (0,1 %?) an die P-GmbH veräußerte
  (3) die E-GmbH auf die M-KG verschmolzen wurde (Abwärtsverschmelzung)
  (4) ein Formwechsel zu Buchwerten der M-KG in die M-GmbH erfolgte und
  (5) ein Formwechsel zu Buchwerten der T-KG in die T-GmbH erfolgte

Der gesamte Sachverhalt einschließlich Umstrukturierung lässt sich anhand der nachfolgenden Übersicht wie folgt darstellen:

Das Finanzamt akzeptierte die Einbringung des Grundstücks durch die T-KG in die E-KG zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG. Durch den Formwechsel der T-KG in die T-GmbH sei es jedoch zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG gekommen, so dass rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung des Betriebsgrundstücks der Teilwert zu 100 % anzusetzen sei.

[7] Vgl. BFH v. 15.7.2021 – IV R 36/18, GmbHR 2022, 158 = GmbH-StB 2022, 4 (Sobisch).

b) Entscheidung des BFH

Im Kern lässt sich die Entscheidung des BFH wie folgt zusammenfassen:

Kein Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 5 EStG: Durch die Übertragung des Betriebsgrundstücks von der T-KG auf die E-KG nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG kommt es nach zutreffender Ansicht des BFH nicht zu einem Sperrfristverstoß nach Satz 5. Der BFH begründet das damit, dass es durch die Übertragung nach Satz 3 nicht zu einer steuerneutralen Übertragung von stillen Reserven aus dem Einkommen- in das Körperschaftsteuerregime kommt. Entscheidend für den BFH war, dass sich die vermögensmäßige Beteiligung von Körperschaftsteuersubjekten an dem Betriebsgrundstück nicht verändert hatte. D.h., obwohl die Z-GmbH als Komplementärin Mitunternehmerin der E-KG war, sie aber nicht am Vermögen der E-KG beteiligt war, ist es auch nicht zu einer schädlichen Übertragung gekommen. Das gleiche gilt für die Beteiligung der E-GmbH. Diese war vor der Übertragung mittelbar am Betriebsgrundstück der T-KG und nach der Übertragung mittelbar am Betriebsgrundstück der E-KG beteiligt. Auch hier fehlt es an einer schädlichen Übertragung; es kommt lediglich zu einer Veränderung der Beteiligungskette. Beachten Sie: Entscheidend war, dass sich die (mittelbare) vermögensmäßige Beteiligung der Mitunternehmer der M-KG an dem Betriebsgrundstück durch die Übertragung nicht verändert hat.

Formwechsel führt grundsätzlich zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG: Der BFH bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des FG Niedersachsen[8] und bejahte grundsätzlich eine Sperrfristverletzung nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG aufgrund der formwechselnden Umwandlung der M-KG in die M-GmbH. Durch den Formwechsel kommt es nach Ansicht des BFH innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist zu einer mittelbaren Beteiligung der formgewechselten M-GmbH an dem zuvor nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG auf die E-KG übertragenen Betriebsgrundstück.

Steuersystematische Einordnung maßgebend: Die Begründung liegt für den BFH in der steuersystematischen Einordnung von § 6 Abs. 5 S. 5 und 6 EStG. Diese sollen ...

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