Leitsatz

Leistet der Arbeitgeber beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse Sonderzahlungen, fließt den Arbeitnehmern kein Arbeitslohn zu.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war zunächst Mitglied der Zusatzversorgungskasse der Stadt X (ZVK). Mit der Mitgliedschaft verfolgte sie den Zweck, ihren Arbeitnehmern einen zusätzlichen Versorgungsanspruch zu verschaffen. Die zur Finanzierung der Versorgungsleistungen festgesetzte, von den Arbeitgebern in vollem Umfang getragene Umlage betrug zuletzt 7,65 % der Gehälter der versicherten Arbeitnehmer.

Nachdem die Stadt X beschlossen hatte, die ZVK aufzulösen, schloss diese mit einer anderen Zusatzversorgungskasse (R-ZVK) die Übernahme der Versicherungsverhältnisse und ihres Vermögens. Die Klägerin verpflichtete sich, an die R-ZVK zum Ausgleich des auf die ZVK entfallenden "versicherungsmathematischen Mindervermögens" einen Ausgleichbetrag von rd. 900.000 DM zu zahlen; dieser war auf die Dauer von 10 Jahren in monatlichen Stundungsraten von rd. 9.000 DM zu entrichten. Mit dieser Ausgleichszahlung wurde sichergestellt, dass die von der R-ZVK erhobene Umlage von (nur) 4 % unverändert bleiben konnte. Die Ansprüche der versicherten Arbeitnehmer und die laufenden Renten änderten sich durch die Überleitung von der ZVK zur R-ZVK nach Art und Höhe nicht.

Das FA sah den Tilgungsanteil der Ausgleichszahlungen als Arbeitslohn an und forderte hierfür LSt mit Pauschalierungsbescheid nach. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Das dem Verfahren beigetretene BMF vertrat die Auffassung, bei den Ausgleichszahlungen handle es sich dem Charakter nach um Umlage-Vorauszahlungen. Diese dienten dazu, die Höhe der laufenden Umlagen der R-ZVK auf dem niedrigen Niveau von 4 % zu halten und damit für die Arbeitgeber erheblich zu reduzieren sowie die Zusatzversorgung für die Versicherten zu stabilisieren.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Zwar könnten Zukunftssicherungsleistungen Arbeitslohn darstellen. Im Streitfall stünden die Ausgleichszahlungen jedoch in keinem Veranlassungszusammenhang mit individuellen Arbeitsverhältnissen. Die Sonderzahlung, die durch den Wechsel zu einer anderen Zusatzversorgungskasse ausgelöst worden sei, diene ausschließlich dem (eigen)betrieblichen Interesse der Klägerin an der Sicherstellung seiner Versorgungszusage.

 

Hinweis

1. Im Streitfall ging es – anders als im zeitgleich erlassenen Urteil VI R 32/04BFH-PR 2006, 17– nicht darum, dass ein Arbeitgeber eine Sonderzahlung deshalb leisten musste, weil eine Versorgungseinrichtung die Finanzierung vom Umlage- auf das Kapitaldeckungsverfahren umstellte. Der Besprechungsentscheidung lag vielmehr der Fall zugrunde, dass ein Arbeitgeber von einer umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse zu einer anderen wechselte. Das Finanzierungssystem wurde also nicht geändert.

Aus welchen Gründen die neue Kasse mit einem wesentlich geringeren Umlagesatz (4 %) als die alte Kasse (7,65 %) auskommen konnte, erschloss sich dem Sachverhalt nicht. Die Gründe können vielgestaltig gewesen sein (z.B. ungünstige Relation von aktiven Arbeitnehmern zu Versorgungsbeziehern, effektiveres Wirtschaften der neuen Kasse). Da die neue Kasse nicht beabsichtigte, ihren (günstigeren) Umlagesatz zu erhöhen, hatte die Klägerin – quasi als Eintrittsgeld – eine entsprechende Ausgleichszahlung aufzubringen.

2. In der Sache wendet der BFH die gleichen Rechtsgrundsätze an, die im Urteil VI R 32/04BFH-PR 2006, 17bereits ausführlich dargelegt wurden.

Der BFH ließ allerdings offen, ob die ursprünglich bei der alten Kasse versicherten Arbeitnehmer einen Vorteil erlangten. Dies dürfte zu verneinen gewesen sein. Denn ausweislich des Sachverhalts hatten sich die Anwartschaften der versicherten Arbeitnehmer nicht verändert. Damit fehlt es aber an der erforderlichen Äquivalenz zwischen Umlage und Versorgungsanwartschaft.

Der BFH stellte nur darauf ab, dass die anlässlich der Überleitung zu entrichtende Ausgleichszahlung dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gedient hatte (Sicherstellung der Versorgungszusage, langfristige finanzielle Entlastung durch geringere Umlagen). Der Rechtsgrund der Ausgleichszahlung lag nur im Verhältnis des Arbeitgebers zur Kasse (zu den Kassen) und nicht in dem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossenen Dienstverhältnis.

3. Auch in diesem Fall liegt keine zu Arbeitslohn führende Pauschalzuweisung vor. Zwar wurde der von der Klägerin anlässlich der Überleitung zu entrichtende Ausgleichsbetrag versicherungsmathematisch ermittelt. Eine zu Arbeitslohn führende Pauschalzuweisung liegt aber deshalb nicht vor, weil die früheren Beiträge der (alten) Kasse nicht versicherungsmathematisch mangelhaft ermittelt worden waren. Wäre es nicht zu der Überleitung gekommen, hätte der Umlagesatz der (alten) Kasse von 7,65 % zur Deckung der Ausgaben ausgereicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.9.2005, VI R 148/98

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