Rz. 91

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich die hausärztlichen Leistungserbringer und die an der HzV teilnehmenden Versicherten ggf. auch falsch verhalten können, egal ob bewusst oder unbewusst. Um Fehlverhalten aufzudecken, sieht Abs. 5 Satz 5 vor, dass die den Krankenkassen nach § 106a Abs. 3 obliegende arzt- und versichertenbezogene Prüfung der ärztlichen Abrechnung auch für die Verträge über die HzV gilt. Mit Wirkung zum 1.1.2017 wird der Hinweis auf § 106a Abs. 3 redaktionell durch § 106d Abs. 3 ersetzt. Dies hängt mit der Neufassung bzw. Erweiterung des Neunten Titels SGB V "Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung" zusammen; eine inhaltliche Änderung ergibt sich dadurch nicht. Ein hausärztliches Fehlverhalten kann z. B. dann vorliegen, wenn im Rahmen der arztbezogenen Prüfung festgestellt wird, dass der besonders qualifizierte Hausarzt seine vertraglichen Leistungen im Rahmen des Vertrages zur HzV abrechnet und zusätzlich zulasten der (bereinigten) Gesamtvergütung, welche die Krankenkassen ausschließlich für die vertragsärztliche Versorgung entrichtet. Ebenso wäre hausärztliches Fehlverhalten anzunehmen, wenn der besonders qualifizierte Hausarzt seine vertraglichen Pflichten gegenüber seinen eingeschriebenen Patienten nicht oder nicht vollständig erfüllt. Das gilt auch bezüglich der zu leistenden Serviceangebote. Verstößt ein qualifizierter Hausarzt gegen gesetzliche oder berufsrechtliche Pflichten oder gegen Inhalte des Vertrages über die HzV, können neben gesetzlichen, disziplinarischen oder berufsrechtlichen Maßnahmen gegen ihn auch andere Sanktionen erfolgen, die sich unmittelbar aus dem Vertrag ergeben. Je nach Häufigkeit und/oder Schwere des Fehlverhaltens und nach Anhörung des betreffenden Hausarztes können z. B.

  • eine schriftliche Aufforderung zur Einhaltung der Vertragspflichten,
  • ein Vergütungsausschluss bzw. eine nachträgliche Korrektur der bereits erfolgten Vergütung,
  • der Ausschluss von der Teilnahme am Vertrag bzw. die Kündigung der Abrechnungsgenehmigung

in Erwägung gezogen werden. Evtl. Schadenersatzansprüche bleiben davon unberührt.

Ein Fehlverhalten des Versicherten ist z. B. anzunehmen, wenn er entgegen seiner freiwillig eingegangenen Verpflichtung ärztliche Leistungen von nicht einzelvertraglich gebundenen hausärztlichen Leistungserbringern sowie ambulante fachärztliche Behandlung ohne Überweisung des gewählten Hausarztes zulasten der (bereinigten) Gesamtvergütung in Anspruch nimmt. Dies kann z. B. im Rahmen der versichertenbezogenen Prüfung auf Rechtmäßigkeit festgestellt werden. Nach den vorgenannten Verträgen über die HzV sehen es die Vertragspartner im Übrigen als ihre Aufgabe an, zu beobachten und sich darüber auszutauschen, ob und in welchem Umfang teilnehmende Versicherte entgegen ihrer Vertragspflicht andere Hausärzte sowie Fachärzte ohne Überweisung (außer in den Ausnahmefällen Augenarzt/Gynäkologe/Psychotherapeut, Kinder- und Jugendarzt) aufsuchen. Zur Reduzierung solcher Fehlkontakte werden sich die Vertragspartner über geeignete Maßnahmen verständigen wie z. B. Zusatzausweise für eingeschriebene Versicherte. Darüber hinaus sollen die Vertragspartner versuchen, mit der KV eine Regelwerksprüfung zu vereinbaren.

Diese Absichtserklärung richtet sich vorrangig an die Krankenkasse und nicht an den Hausärzteverband Nordrhein e. V.; eine andere Frage ist, ob die KV mit einer Regelwerksprüfung einverstanden wäre. Nur die Krankenkasse hat ggf. ein Fehlverhalten des Versicherten zu sanktionieren. Je nach Schwere bzw. Häufigkeit des Fehlverhaltens kann die Krankenkasse die Teilnahme des Versicherten am Vertrag über die HzV beenden und hierüber den Versicherten und den gewählten Hausarzt informieren. In der Satzung der Krankenkasse kann z. B. geregelt werden, dass evtl. Mehrkosten vom Versicherten zurückgefordert werden können, wenn sie auf dem Fehlverhalten beruhen. Eine erneute Teilnahme des Versicherten an der HzV ist nach Ablauf einer gewissen Zeit aber rechtlich möglich, weil der grundsätzlich bestehende Rechtsanspruch auf die HzV Vorrang hat.

 

Rz. 92

Die an der HzV teilnehmenden Versicherten sind von ihrer Krankenkasse über Inhalt und Ziele des Versorgungsvertrages umfassend informiert, sodass sie im Rahmen ihres Arzt-Patienten-Verhältnisses ihre Ansprüche wahrnehmen können.

Zu bedenken bleibt auch, dass der Vertrag über die HzV grundsätzlich auf Dauer geschlossen wird, da die Krankenkasse die Versorgung dauerhaft und flächendeckend sicherzustellen hat. Deshalb sind von Beginn des Vertrages an Korrekturmöglichkeiten vereinbart worden, die notwendige Änderungen erlauben, ohne den Vertrag insgesamt aufgeben zu müssen. Das entspricht auch den Interessen der besonders qualifizierten Hausärzte, die sich nicht nur für einen relativ kurzen Zeitraum auf die neue Versorgungsform einlassen möchten. In Nordrhein kann der aktuelle Vertrag zwischen der AOK und dem Hausärzteverband Nordrhein e. V. frühestens zum 31.12.2018 gekündigt werden. Nach Aussage des Hausärzteverbandes Nordrhein e. ...

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