Rz. 27a

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken sind die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Apotheker und der GKV-Spitzenverband verpflichtet worden, im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen zur vereinbaren, auf die Patientinnen und Patienten einen Rechtsanspruch haben. "Zusätzlich" heißt, dass diese Dienstleistungen über die übliche Verpflichtung zur Information und Beratung nach § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und dass sie die Versorgung der Versicherten verbessern sollen (Abs. 5e Satz 1 der Vorschrift). Durch die Einführung der zusätzlichen pharmazeutischen Dienstleistungen wird nach der Gesetzesbegründung die professionelle Weiterentwicklung des Heilberufs Apotheker gefördert und die Vor-Ort-Apotheke gestärkt.

"Im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung" bedeutet, dass die Vereinbarungspartner dem Verband vor dem Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit geben, sich zum Vertragsinhalt zu äußern, die Letztentscheidung aber bei den Vereinbarungspartnern liegt. Ob der Verband der privaten Krankenversicherung den vorgesehenen Vertragsinhalt gegen sich gelten lässt, kann er in Abstimmung mit seinen Mitgliedsunternehmen entscheiden.

Nach der Gesetzesbegründung kann für bestimmte Personen und Personengruppen eine besonders enge und intensive pharmazeutische Betreuung zur Förderung der Therapietreue und Vermeidung arzneimittelbezogener Probleme angezeigt sein. Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen nach Abs. 5e Satz 2 Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie insbesondere bei

  1. der Anwendung bestimmter Wirkstoffe, die nur in besonderen Therapiesituationen verordnet werden,
  2. der Behandlung chronischer schwerwiegender Erkrankungen,
  3. der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und
  4. der Behandlung bestimmter Patientengruppen, die besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.

Mit der Regelung des Abs. 5e ist für die Versicherten eine Anspruchsgrundlage geschaffen und der Rahmen für die Vereinbarung entsprechender Dienstleistungen festgelegt worden. Ein besonderer Betreuungsbedarf kann sich nach der Gesetzesbegründung insbesondere aus Art und Umfang der Medikation (z. B. bei bestimmten Wirkstoffen, die nach einer Organtransplantation oder bei Krebserkrankungen verordnet werden) sowie aus personenbezogenen Faktoren wie dem Krankheitsbild, sonstigen körperlichen oder kognitiven Einschränkungen, geringer Gesundheitskompetenz und Kommunikationshürden ergeben. Als mögliche Dienstleistungen zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimitteltherapie können neben weiteren Maßnahmen des Medikationsmanagements auch das patientenindividuelle Stellen und Verblistern in Betracht kommen.

Als pharmazeutische Dienstleistungen können auch Maßnahmen der Apotheken zur Vermeidung von Krankheiten und deren Verschlimmerung vereinbart werden. Die zu vereinbarenden pharmazeutischen Dienstleistungen sollen insbesondere auch die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in Gebieten mit geringer Apothekendichte, z. B. im ländlichen Raum, berücksichtigen. So könnten nach der Gesetzesbegründung etwa Maßnahmen zur pharmazeutischen Betreuung von Patientinnen und Patienten in häuslicher Umgebung vereinbart werden.

Neben der Definition der zusätzlichen pharmazeutischen Dienstleistungen selbst hat die Vereinbarung auf Bundesebene in jedem Fall auch Regelungen zu Anspruchsvoraussetzungen für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung auf die zusätzlichen Leistungen sowie zu deren Vergütung und Abrechnung zu enthalten. Auch insoweit sollen die Vertragspartner der Selbstverwaltung die Sicherstellung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung berücksichtigen. Dies könnte insbesondere durch eine Vergütungsstruktur erfolgen, die darauf ausgerichtet ist, die Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum mit einer niedrigen Apothekendichte zu stärken.

Nach Abs. 5e Satz 5 haben die Partner die Vereinbarung nach Satz 4 bis zum 30.6.2021 zu treffen. Kommt eine Vereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet wiederum die Schiedsstelle nach Abs. 8. Nach Abs. 5e Satz 7 gilt die Vereinbarung oder der Schiedsspruch bis zur Wirksamkeit einer neuen Vereinbarung fort, sodass ein vereinbarungsloser Zustand für die Zukunft ausgeschlossen ist.

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